Druckversion |
|
Sehr stilvoll! Mit diesem Schreiben (mir lag tatsächlich ein Original vor) lud man damals Personen aus der Umgebung von Grube Marga zur festlichen Einweihung der dortigen Kirche ein. Das war im Dezember 1914. Die im Text erwähnte Fest-Ordnung stellte ich vor ziemlich genau 10 Jahren hier vor. Dies erfolgte anlässlich der 100. Wiederkehr jenes historischen Ereignisses. Heute - also kurz nach dem 110. Jahrestag - folgt ein wenig mehr Material, wobei ich das Ganze thematisch eigentlich schon anno 2014 abgehandelt hatte. Meine nachfolgenden Gedanken werden zwar um die Briesker Kirche kreisen, werfen aber mehr Fragen auf als daß sie Antworten geben werden. Okay. 110 Jahre ist jetzt nicht ein ganz so markantes Jubiläum wie 100 oder 125. Deshalb kochte man dieser Tage das Erinnern an diesen wichtigen Zeitpunkt in der Geschichte von Grube Marga/Brieske sowie der hiesigen Kirchengemeinde wohl eher auf Sparflamme. Am 18.12.2024 war im Vorraum der Kirche eine kleine Ausstellung mit Fotografien eingerichtet. Von 16 bis 18 Uhr hatte jeder Interessierte die Möglichkeit sich diese Exposition zu Gemüte zu führen. Was ich getan habe. |
|
Mich hätte beispielweise interessiert, ob eine umfassende Dokumentation zu dem sagenhaften Schatz existiert, der sich in der Kugel unter dem Kreuz, dem sogenannten Turmknauf befindet.
Schatz? Nein kein Gold, kein Silber, keine Edelsteine! Stattdessen historische Dokumente, die darin eingeschlossen wurden. Auf diesen Umstand wurde ich erstmals durch das Wolfgang Joswig'sche
Buch "Marga - Die erste deutsche Gartenstadt" aufmerksam gemacht. Der Autor gibt dabei zu Protokoll, daß bei den Sanierungsarbeiten 1991/92 diese "Zeitkapsel" geöffnet wurde und dabei vier
großformatige und gerahmte Diapositive gefunden wurden, die Ansichten von Marga anno 1913/14 zeigen. Und das in Echtfarben! Die Dias wurden damals reproduziert und erschienen daraufhin in besagtem Buch. Um danach die Originale wieder ca. 40 Meter über dem Erdboden einzuschließen. Ehrlich? Ich halte das für keine gute Idee. Die Dias wurden mit der vor 35 Jahren zur Verfügung stehenden Technik reproduziert. Doch sehr wahrscheinlich wäre eine Digitalisierung der Ansichten heutzutage von sehr viel besserer Qualität und wir müssten die Aufnahmen nicht aus dem Joswig-Buch abscannen, welches bis zum heutigen Tag die einzige Quelle für die Farbfotos darstellt. Davon abgesehen ist der Lagerort, der keine stabilen Temperaturen gewährleisten kann, bestimmt nicht optimal. Wobei man zugeben muß, daß die Dias ja auch die vorangegangenen 75 Jahre mindestens so weit überstanden haben, daß sich noch verwendbar waren. Was ich persönlich schon für eine mittlere Sensation halte. Ich verhehle nicht, daß ich mir hinsichtlich der vier Dias nichts mehr wünsche, als daß sie mindestens für einen state-of-the-art-Scan schnellstmöglich aus ihrem Gefängnis unter dem 2 Meter hohen Kreuz befreit würden. Doch bei welcher Gelegenheit sollte das in dieser luftigen Höhe erfolgen? Nun waren die Dias nicht das einzige, das man 1991 im Turmknauf fand. Joswig schweigt sich dazu aus doch mir fiel vor einiger Zeit ein Artikel aus der "Lausitzer Rundschau" vom 12. Oktober 1991 in die Hände, der diesbezüglich etwas mehr Informationen liefert. Wobei der für heute relevante Teil lediglich aus zwei Abbildungen und der zugehörigen Bildunterschrift besteht. Siehe nachfolgendes Faksimile:
Ich habe Fragen!
In der Bildunterschrift steht "viele Postkarten von Brieske"... Natürlich weckt eine solche Aussage meine erhöhte Aufmerksamkeit. Ich identifiziere auf dem Foto 4 Ansichtskarten (alle bekannt und
Bestandteil des digitalen Archivs) und eine Fotografie. Bei letzterer handelt es sich offensichtlich um das Foto von der "Kaiserkrone", das nochmals separat reproduziert wurde. 5 Ansichtskarten/Fotos
sind für meine Verhältnisse nicht "viele". Deshalb die Frage: befanden sich weitere Stücke in dem Knauf und wenn ja welche?
Hat irgendwer eine plausible Erklärung für diesen Parforce-Ritt durch die Jahre? Ob in dem Gesamt-Konvolut irgend etwas aus dem Dezember 1914 (was jeder vermuten würde) stammt, ist unklar. Hierfür
bräuchte man eben eine Dokumentation des Bestandes, so wie er 1991 vorlag. Was soll uns die Zeitung vom September 1913 erzählen? Wurde schon zu einem so frühen Zeitpunkt und
noch mehr als einem Jahr bis zur Einweihung, die Zeitkapsel initial bestückt? Ich kann mir nicht vorstellen, daß im September 1913, also zweieinhalb Monate nach Grundsteinlegung bereits der Turm der Kirche so weit
fertiggestellt war, daß man diesen mit dem Kreuz krönen konnte. Vor 10 Jahren erwähnte ich übrigens auch, daß das Kirchengebäude - namentlich das Kirchenschiff - ursprünglich eine etwas andere Form haben sollte. Diese Information beruht meines Wissen aber nicht auf echten Entwürfen v. Mayenburgs sondern resultiert ausnahmslos aus dem Modell der Kolonie, das 1911 auf der Internationalen Hygiene-Ausstellung in Dresden präsentiert wurde bzw. einer Zeichnung, von der ich glaube, daß sie auf Grundlage eben jenes Modells angefertigt wurde. |
|
Stichwort "Modell" - Stichwort "Hygiene-Ausstellung" - Stichwort "Sensation"... Zumindest für mich ist das Auftauchen des rechts abgebildeten Werbeartikels im Postkartenformat
eine Riesensensation! Nach Jahren, in denen wir nur die eine einzige Perspektive auf besagtes Modell in Form von Ansichtskarten hatten, kommt nun quasi eine Komplettansicht
des Modells zum Vorschein. Sie zeigt Grube Marga aus nord-östlicher Richtung und erstmals das was v. Mayenburg für den Süden und Südwesten der Gartenstadt geplant hatte.
Ist doch ein Knaller, oder? Nicht auszudenken, wenn dieser Plan tatsächlich bis zum Schluß realisiert worden wäre!
Wer genauere Vergleiche zwischen den (nunmehr) zwei Modell-Ansichten anstellt, wird merken, daß es da ein paar Differenzen gibt. So finden wir auf der heute vorgestellten
Perspektive beispielweise die Gebäude des Gutes Viktoriahof nicht. Was hat das nun wieder zu bedeuten? Gab es mehrere Varianten des Modells? Welche Version wurde in Dresden tatsächlich gezeigt? |
Aufnahme = 1911
|
Um am Ende den Kreis etwas zu schliessen... So etwas geisterte anno 1932 - sogar deutschlandweit - durch die Presse. Gehört irgendwie auch zur Geschichte der Briesker
Kirche, oder?
Gütersloher Volkszeitung (12. Mai 1932) |
|