... Dann standen nicht weniger als 15 Angeklagte
auf der Anklagebank. Es waren dieses der 15jährige
Schulknabe Albert Witkowski aus Thamm, der 15jährige
Brikettabnehmer Otto Chlebowski aus Jüttendorf, die
12 - 14jährigen Schulknaben Max Chlebowski, Franz Rymas,
Thomas Sonsalla, Julian Cibulski, Bruno Witkowski aus
Senftenberg bzw. Thamm, der 16jährige Brikettabnehmer
Roman Szerement aus Rauno, die 14 bzw. 15jährigen
Schulknaben Paul Kolleck aus Thamm und K.S. aus T.,
der 13jährige Fürsorgezögling Emil Marquardt, jetzt in
einer Erziehungsanstalt in Dresden, der 45jährige
Grubenarbeiter Michael Chlebowski, dessen Ehefrau, der
44jährige Fabrikarbeiter Johann Witkowski aus Thamm und
dessen Ehefrau.
Die erstgenannten 11 Angeklagten hatten schon seit
längerer Zeit sich zu bandenmäßigen Diebstählen zusammengetan
und ihr Unwesen in Senftenberg und Umgebung getrieben.
Die Führung hatte dabei der Angeklagte Otto Chlebowski.
Am 10. Januar verabredeten sie einen Beutezug in das
Kaufhaus der Ilse-Wohlfahrtsgesellschaft. Es gelang den
Angeklagten Sonsalla und Marquardt, durch ein vergittertes
Fenster einzusteigen und für jeden der Teilnehmer eine
Flasche Wein und ein Quantum Datteln zu stehlen.
Zwei Wochen später gingen sie wieder hin. Diesmal stiegen
Kolleck und Marquardt ein und entwendeten 10 Flaschen Wein,
einen Schinken, 6 Büchsen Rollmöpse, 6 Büchsen Lachs,
3 Flaschen Schnaps. Mit ihrer Beute gingen sie zu den
Grubenarbeiter Michael Chlebowski'schen Eheleute, wo
ihnen die gestohlenen Eßwaren hergerichtet wurden. Was
nicht auf der Stelle verzehrt werden konnte, wurde verteilt.
Einige Zeit darauf verabredeten die Diebe, nach dem Gasthaus
Waldhof des Gastwirts Scheppe zu gehen. Dort zertrümmerten
Otto Chlebowski und ein anderer Knabe eine Kellerfensterscheibe,
stiegen ein und stahlen etwa 30 Flaschen Wein, ferner Schnaps,
5 Büchsen mit Würstchen.
Dann führten sie noch einen Diebstahl bei dem Kaufmann Bode
in Senftenberg aus und erbeuteten 12 Pfund Butter, Schuh-Creme,
Stiefelschmiere, Zitronat und Kautabak.
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Ein andermal entwendeten sie bei dem Kaufmann Palmin,
Bratheringe und Wein. Bei dem Kaufmann Piechowiak drückten
sie die Scheibe eines Automaten ein und entwendeten 2 Pfund
Schokolade.
Im Februar verabredeten sich einige der jungen Diebe, auf
die Wanderschaft zu gehen. Sie gingen auch bis Neu Petershain,
nächtigten in der Glashütte und stahlen beim Fortgehen 18
Dutzend Gläser und Wurst, die Gläser verkauften sie an
einen Kaufmann. Auch in Thamm haben sie Diebereien begangen.
Während einer von ihnen in den Läden etwas einkaufte, nahmen
seine Helfershelfer eine günstige Gelegenheit wahr, Wurst,
Bratheringe u.a.m. zu entwenden. Eines Tages waren sie gerade
an der Arbeit, in der Fleischerei von Lammla Würste zu stehlen.
Sie hatten an einer Stange ein Messer befestigt, um hochhängende
Würste abzuschneiden. Dabei überraschte sie der Zeuge Wilke.
An allen der zahlreichen Diebstähle, an denen die Angeklagten
Witkowski und Chlebowski beteiligt waren, sollen sich deren
Eltern der Hehlerei schuldig gemacht haben; das Gericht hat
sich aber von ihrer Schuld nicht überzeugen können und sprach
sie daher frei.
Der Angeklagte Fürsorgezögling Emil Marquardt war zum Termin
nicht erschienen.
Das Gericht verurteilte die übrigen geständigen Angeklagten
zu Gefängnisstrafen, die zwischen 1 Woche und 4 Monaten schwankten.
Nur zwei der jugendlichen Täter kamen mit einem Verweise
davon. Gegen 4 Angeklagte wurde neben der Gefängnisstrafe noch
auf kurze Haftstrafen erkannt. - Der 15jährige Brikettabnehmer
Otto Chlebowski, der 14jährige Schulknabe Max Chlebowski, jetzt
in der Erziehungsanstalt Neuzelle und deren Mutter, die Grubenarbeiterfrau
Christiane Chlebowski aus Senftenberg hatten sich wegen anderer
Straftaten zu verantworten.
Im April v.J. wurde die Schülerin Anna Fraubese aus Rauno von
der Mutter zum Kaufmann geschickt. Das Mädchen trug ein Zweimarkstück
in der Hand. Auf der Chaussee traf es den Erstangeklagten in
Begleitung seiner jüngeren Brüder. Diese forderten von dem
Mädchen, daß es ihnen das Geld zeigen sollte und sie drohten mit
Steinen zu werfen, wenn dem Wunsche nicht nachgekommen würde.
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Als das Kind nun das Geld vorzeigte, entriß es ihm der Angeklagte
Otto Chlebowski. Die jugendlichen Straßenräuber ergriffen dann
die Flucht.
Am 12. April d.J. ging der Schulknabe Beyer aus Thamm auf der
Straße, um Einkäufe zu besorgen. Er trug ein Portemonnaie mit
2 Mk. Inhalt in der Hand. Auch er begegnete den Brüdern Chlebowski.
Ehe es sich der Knabe versah, hatte ihm Otto Chlebowski das
Portemonnaie entrissen und war mit den Brüdern davongelaufen.
Am 8. April haben die Knaben einem Schulmädchen, das ebenfalls
Einkäufe zu besorgen hatte, das Geld aus der Hand gerissen. Am
22. März v.J. badete der Arbeiter Kaleta in der Badestube auf
Hörlitzer Flur. Ihm stahl der Otto Chlebowski aus den im Auskleideraum
aufbewahrten Kleidern 32 Mk. Das Geld brachte er zur Mutter
und teilte es mit ihr. Am 18. April desselben Jahres ist der
Schülerin Wernau auf der Straße ebenfalls Geld geraubt worden.
Am 24. Mai stahl Otto Chlebowski dem Schuhmacher Sander in Thamm
aus der Schürzentasche ein Portemonnai, fand aber nur wenige
Pfennige darin. Am 11. Mai hat der strafunmündige Bruder des
Otto Chlebowski auf dem Markte in Senftenberg einer Frau aus
der Rocktasche 50 Mk. gestohlen.
Mit dem Gelde kamen die Brüder nach Hause und gaben es der Mutter.
Diese verbrannte das Portemonnai und schaffte für das Geld
Sachen an. Im April d.J. griff der Angeklagte Otto Chlebowski
dem Sohn des Wächters Halpick in die Tasche, wurde aber dabei
ertappt. Der Täter riß sich los und rannte davon.
Der Angeklagte Max Chlebowski soll der Dieb sein, der der Frau
Karraß die 50 Mk. entwendet hat, doch sah das Gericht das nicht
als erwiesen an. Es erfolgte daher seine Freisprechung.
Der Angeklagte Otto Chlebowski wurde wegen schweren Raubes und
wegen Diebstahl in 6 Fällen zusätzlich zu der bereits gegen ihn
verhängten Strafe von 4 Monaten und 2 Tagen Haft zu weiteren
4 Monaten Gefängnis verurteilt.
Die Mutter erhielt wegen Hehlerei eine Gefängnisstrafe von 3
Monaten.
Senftenberger Anzeiger (1910)
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