Der Bau der Sedlitzer Schule zog sich sage und schreibe über 2,5 Jahre hin. Auf der Gemeindevertretersitzung im Januar 1928
äusserte man die Hoffnung dass mit dem Schulneubau, der immer dringender notwendig wird, ... nunmehr bestimmt im Frühjahr begonnen
werden (wird).
Die Grundsteinlegung indes fand erst im Herbst desselben Jahres statt. Der Senftenberger Anzeiger vermeldet hierzu:
Grundsteinlegung zum Schulneubau
Sedlitz, 20.Okt.,
Gestern nachmittag fand die Grundsteinlegung zum Schulneubau statt. Um 3 Uhr versammelten
sich die geladenen Gäste und die Vertreter der Gemeindekörperschaften und der Schule in
der Wohnung des Gemeindevorstehers, um die vom Gemeindevorsteher entworfene Urkunde zu
unterzeichnen. Gemeindevorsteher Miersch verlas dieselbe, dann wurde sie neben einer großen
Zahl weiterer Urkunden (Berichte über die Geschichte des Ortes, der Schule, der Ilse-Bergbau-AG,
Zeichnungen, Ausgaben des "Senftenberger Anzeigers", Notgeld usw.) in die Urne gelegt und
von Klempnermeister Rothe - Senftenberg verlötet. Die eigentliche Feier am Neubau wurde von
dem Chor der hiesigen Volksschule eingeleitet. Nach dem Vortrag eines Gedichtes durch die
Schülerin Johanna Mtrschinka hielt Rektor Homann die Festrede. Er begrüßte zunächst den
Vertreter der Schulaufsichtsbehörde, Schulrat Schmidt, Senftenberg, den Vertreter der Ilse,
Ziegeleidirektor Mauß, den Schulrat Dr. Kunz und den Erbauer, Architekt Vogel. Nach einer
Schilderung der Entwicklung unsres Schulwesens sprach der Redner den Wunsch aus, daß in
dieser Schule arbeitsfrohe und freudige Kinder herangebildet werden mögen, die der Zukunft
unseres Vaterlandes dienen werden.
...
Nach den Hammerschlägen wünschte der Polier Boslau, der die Maurerarbeiten leitet, dem
Fortgang des Werkes gutes Gelingen. Der gemeinsame Gesang der zweiten Strophe von
"Nun danket alle Gott" beschloß die Feier. Nach der Feier fand ein gemütliches Zusammensein
statt, währenddessen in einer Reihe von Trinksprüchen all' derer gedacht wurde, die ihre
Arbeitskraft in den Dienst der Sache gestellt haben.
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Kaufhaus Paul Brudes, Sedlitz N.-L. R 44761 Echte Photographie Aufnahme <= 1936 Sammlung Theodor Restel
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Die Einweihung der Schule konnte bei strahlendem Wetter jedoch erst am 23.April 1930 vollzogen werden. Die Zeiten waren schwierig...
Im Winter 1929/30 geriet Deutschland in den Strudel der sich aus dem Zusammenbruch der New Yorker Börse im Oktober 1929 entwickelnden
Weltwirtschaftskrise. Der Kapitalstrom nach Deutschland versiegte, als die für die deutsche Wirtschaft so dringend benötigten ausländischen
Kredite abgezogen wurden. In den USA und in Europa setzte sich zunehmend nationaler Protektionismus durch, das Welthandelsvolumen fiel
von 1929 bis zum Tiefpunkt der Rezession 1932 um 25 Prozent. Der deutsche Warenexport sank in demselben Zeitraum von 13,5 auf 5,7 Milliarden
Reichsmark, da der Außenhandel ebenso rapide zurück ging wie die Industrieproduktion des Deutschen Reichs, die um ca. 40 Prozent fiel.
Firmenzusammenbrüche, Bankenschließungen und Massenarbeitslosigkeit waren die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise. Zwischen September
1929 und Anfang 1933 stieg die Zahl der Erwerbslosen in Deutschland von 1,3 auf über sechs Millionen. Das Realeinkommen sank um ein
Drittel, Armut und Kriminalität nahmen sprunghaft zu. Massenverelendung kennzeichnete in der Wirtschaftskrise das Alltagsleben breiter
Bevölkerungsschichten. (www.dhm.de).
Davon blieb natürlich unsere Region nicht verschont und es ist nicht verwunderlich, dass Bauvorhaben, die in dieser Zeit auf den Weg gebracht
wurden, unverhältnismässig lange dauerten. Letztendlich nahm der Schulneubau ein glückliches Ende und man konnte schliesslich das alte
Schulgebäude aufgeben und den Schulbetrieb in dem schönen neuen und vor allen Dingen geräumigen Haus aufnehmen.
Senftenberger Anzeiger (1930)
Ebenfalls im Jahre 1930 konnte eine weitere
"Baustelle" abgeschlossen werden...
- Sedlitz, 22. Nov. (Vom Bahnhof Sedlitz-Ost.)
In aller Stille ist in diesen Tagen das neue Bahnhofsgebäude,
an dessen Fertigstellung in den letzten Wochen fleißig gearbeitet
worden war, in Betrieb genommen worden. Wenn auch aus Gründen
der Sparsamkeit auf den Bau eines vollständig massiven
Gebäudes verzichtet werden mußte, so entspricht doch das
neue Häuschen, ein barackenartiger Holzbau mit massivem Sockel,
vollkommen seinem Zweck. Eine breite Steintreppe führt zu
einem kleinen offenen Vorraum und weiter in einen geräumigen
Warteraum hinein, der die ganze Länge des Gebäudes einnimmt.
Neben dem Warteraum liegen, durch entsprechende Fenster mit
diesem verbunden, der Dienstraum und die Gepäckabfertigung,
ferner eine kleine Gerätekammer. Der Warteraum ist in heller,
freundlicher Farbe gehalten, und ein breiter Kachelofen
verspricht auch für die kältesten Wintertage einen angenehmen
und warmen Aufenthalt.
Zu wünschen wäre, daß die Sparsamkeit nicht soweit getrieben
würde, die vorläufig im Warteraum aufgestellten alten,
ausgebesserten Sitzbänke darin zu belassen. Außer den noch
erforderlichen Planierungsarbeiten in der Nähe des Gebäudes
wird sich auch irgendeine Befestigung des Zugangsweges zur
Bahnsperre nicht umgehen lassen. Die bisherige Verkehrsentwicklung
auf dem neuen Haltepunkt, der bekanntlich erst mit Beginn
des Sommerfahrplans am 15. Mai d.J. in Betrieb genommen
wurde, dürfte nachträglich auch die Reichsbahndirektion davon
überzeugt haben, wie sehr nötig die Anlegung eines solchen
Haltepunkts in unmittelbarer Nähe unsres großen Industrieorts
war. nach vorsichtiger, aber sorgfältiger Schätzung dürfte
die zahl der bisher verkauften Fahrkarten nicht mehr allzu
weit von 20 000 entfernt sein und die Kasseneinnahmen die
ersten 10 000 RM. bereits weit überschritten haben.
Zweifellos ist für den kommenden Winter noch mit einer
wesentlich stärkeren Benutzung zu rechnen.
Was würde wohl der Schreiber dieser Zeilen, in denen er nicht
mit Lob sparte, angesichts des heutigen Zustandes des Haltepunktes
Sedlitz-Ost von sich geben?
Dieser ist im übrigen nicht mit jenem historischen, und auf
AK_Sed 019_1 abgebildeten Gebäude identisch, ja befindet sich
nicht einmal exakt an jener Stelle, sondern einige Meter weiter
in Richtung Cottbus.
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Photo-Atelier Ernst Wenzel, Senftenberg, Calauerstr. 13, Tel.283 C49 Aufnahme <= 1940 Sammlung Theodor Restel
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5 Jahre später - im Jahre 1935 wurde durch die Ilse Bergbau AG in
Anna-Mathilde ein Betriebskindergarten errichtet. Dieser ist auf
AK_Sed 018_1 abgebildet. Wie man erkennen kann, war auch dies ein
barackenartiger Bau. Im Inneren war er jedoch hochmodern, mit
Zentralheizung, fliessendem kalten und warmen Wasser, grosszügigen
Räumlichkeiten, inklusive Toilette mit Wasserspülung.
Ebenfalls von der Ilse erbaut wurde das Gebäude auf der oberen
Abbildung dieser Zweibildkarte. Es handelt sich um das Gasthaus Anna-Mathilde,
welches im Erdgeschoss eine geräumige Gaststube, ein Vereinszimmer und
eine "schwarze Stube" beherbergte. Im Obergeschoss befanden sich
mehrere Fremdenzimmer und die Wohnung des Gastwirtes.
Links an das Gasthaus schloss sich unmittelbar das Kaufhaus der Ilse-
Wohlfahrtsgesellschaft an.
Senftenberger Anzeiger (1938)
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Photo-Atelier Ernst Wenzel, Senftenberg, Calauerstr. 13, Tel.283 C59 Aufnahme <= 1940 Sammlung Theodor Restel
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Photo-Atelier Ernst Wenzel, Senftenberg, Calauerstr. 13, Tel.283 d61 Aufnahme <= 1940 Sammlung Andreas Schild
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Photo-Atelier Ernst Wenzel, Senftenberg, Calauerstr. 13, Tel.283 c570 Echte Photographie Aufnahme <= 1940 Sammlung Matthias Gleisner
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