Ich gebe zu, ich bin auch sehr schnell mit der Aussage "In Brieske ist auch nichts mehr los. Total tote Hose!" Ich habe es eben anders
kennengelernt. In den 1970ern und 80ern. Und selbst bis vielleicht vor 10, 15 Jahren war in diesem Senftenberger Ortsteil wenigstens noch
so ein bisschen Leben. Nachdem meine Eltern aber vor einigen Jahren Brieske, ihrem Wohnort auf Zeit, den Rücken gekehrt
und sich stattdessen (wieder) für Senftenberg-City entschieden, komme ich auch nur noch sehr selten in den Ortsteil. Und jedesmal wenn,
dann ist das, was ich da sehe, ziemlich ernüchternd. Vom geschäftigen Treiben meiner Kinderzeit ist nichts mehr übrig. Das Werk, Fleischer,
Bäcker, Konsum, Kneipe, Post: alles lange zu oder umfunktioniert. Brieske ist in meiner Wahrnehmung leider zu einer reinen Schlafstadt mutiert. Gut möglich,
daß das die heutigen Bewohner etwas anders sehen oder gar genau das an ihrem Wohnort lieben. Für mich wäre das aber nichts mehr.
Daß es aber auch schon früher Zeiten gab, in denen sich im damaligen Grube Marga Fuchs und Igel "Gute Nacht!" sagten, können wir aus den
fünf oben dargestellten Fotografien mutmaßen. Aufgenommen alle am selben Tag, zur sonnigen Nachmittagszeit eines ganz normalen Werktages.
Die Passanten lassen sich an zwei Händen abzählen.
Meine Festlegung, daß alle fünf Aufnahmen von ein und demselben Tag stammen, fußt auf der Tatsache, daß sie allesamt dieselbe Provenienz aufweisen
und bei mir im Konvolut auftauchten. Zudem sind genügend Parallelen über das Set verteilt, so daß man eigentlich zu keiner anderen Bewertung
kommen kann.
Die Motive dürften einigermaßen bekannt sein. Mindestens drei davon wurden damals auch in Ansichtskarten-Format unter die Leute gebracht.
Auch in dem meiner Meinung nach immer noch einzigen brauchbaren Buch über die Entstehung von Marga (gemeint ist das Buch von Wolfgang Joswig)
findet man die eine oder andere Reproduktion. Außerdem wurde der größte Teil des Gesamt-Sets in einem Büchlein veröffentlicht, welches
ich in der Ausstellung des Senftenberger Museums entdeckte. Dort war dieses Bestandteil der Bergbau-Abteilung und lag auf dem Schreibtisch des
fiktiven Ilse-Direktors. Es stellte quasi ein Ausstellungstück dar ohne tatsächlich historischen Chrakater zu haben. Der Besucher konnte darin
blättern und die Fotos, die mit kleinen Texten versehen waren (glaube ich zumindest), in Augenschein nehmen. Daß ich gerade die Vergangenheitsform
verwendete liegt daran, daß ich schon eine ganze Weile nicht mehr im Museum war um sagen zu können, ob der Ausstellungsbestandteil noch in dieser
Form besteht oder nicht. Ich glaube, ich müsste mal wieder einen Besuch im Schloß ins Auge fassen.
Jedenfalls ist mir dieses Büchlein nirgendwo anders untergekommen weshalb ich vermute, daß es extra für die Ausstellung produziert wurde und
möglicherweise sogar ein Unikat ist. Naja egal. Jedenfalls wurden mir vom Museum digitale Versionen der im Original als Glasnegativ vorliegenden
Stücke bereitgestellt. Damit bin ich erst in die Lage versetzt worden, diese sukzessive hier vorzustellen.
In die Freude darüber mischt sich jedoch ein bisschen Wehmut... ich bin nämlich mit der Qualität nicht so hundertprozentig zufrieden. Offensichtlich
ist es nicht trivial, derartige Negative zu scannen. Sehr schnell gehen dabei die Mitteltöne verloren und die Scans haben zuviel Kontrast. Das lässt
sich im Nachhinein auch nicht mehr korrigieren. Da ich selbst weder über die Expertise noch die entsprechende Technik verfüge, brauche ich mich aber auch
gar nicht um die Originale bemühen. Stattdessen arbeite ich mit dem, was ich kriegen kann. Und da wird zukünftig noch einiges kommen und das betrifft
dann größtenteils Aufnahmen die abseits der sattsam bekannten "Marga-Hotspots" entstanden. Und hoffentlich kann ich dazu dann auch wieder Geschichtswissen
unterbreiten, welches heute so gut wie nicht existent war.
Während oben erwähnter Wolfgang Joswig ein "um 1930" für die ganzen Fotografien in den Ring warf, gehe ich insgeheim von 1925 aus. Dies auf Basis
datierbarer Vergleichsaufnahmen.
Nicht nur deswegen wäre es, trotz meines oben angebrachten Lobes, vielleicht an der Zeit eine überarbeitete und erweiterte Ausgabe des Buches "Marga - Die erste
deutsche Gartenstadt" ins Auge zu fassen. Immerhin sind mittlerweile 25 Jahre seit der Erstveröffentlichung ins Land gegangen und wir verfügen heute über
mehr und besseres Wissen und Material.
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