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Vor knapp 10 Jahren - Ende 2013 - veröffentlichte Norbert Jurk ein Buch mit dem Titel Unterwegs mit Ilse, Marga, Renate-Eva, Erika und Anna-Mathilde durch das Senftenberger Braunkohlenrevier.
Besitzern dieser Veröffentlichung muß ich sicher nicht erklären, was es mit dieser "um die Ecke gedachten" Überschrift zu tun hat. Alle anderen, die gedanklich auf dem Schlauch stehen, möchte ich kurz abholen...
Und dies vielleicht gleich anhand zweier Ansichtskarten, die seit längerem in den jeweils colorierten Fassungen bekannt sind und heute von mir in ihrer zweifarbigen Ausprägung nachgereicht werden:
Unschwer zu erkennen: beide Motive bilden ein und dieselbe Brikettfabrik ab. Dies jedoch mit einem zeitlichen Versatz von einigen Jahren. Die Position des jeweiligen Fotografen war sehr ähnlich und man sieht
auf dem rechten Exemplar ziemlich deutlich, in welchem Maße sich die Vegetation im Vorderung zwischenzeitlich entwickelt hat. Der Ort des Geschehens? Die Brikettfabrik "Anna-Mathilde" nordwestlich des
Dorfes Sedlitz. Die zugehörige Wohnkolonie, von der man Teile sehen kann, trug denselben Namen wie die Fabrik und der sie mit Braunkohle versorgende Tagebau... Anna-Mathilde. Damit sollte jetzt eigentlich klar sein, was Norbert Jurk dereinst ausdrücken wollte. Doch anders als der Titel vielleicht assoziiert, geht es in dem Buch inhaltlich nicht nur um die genannten Gruben der Ilse sondern um das Senftenberger Braunkohlerevier in seiner Gesamtheit bzw. um die Infrastruktur, die in dessen Entwicklung entstand. Die "Ilse" war hierbei das weithin prägendste Bergbauunternehmen. Die Menge und Qualität der errichteten Wohnungen und Sozialbauten suchten damals ihresgleichen und auch heute, mehr als hundert Jahre später, existieren noch zahlreiche Zeugen dieser Fürsorge.
Während der Ursprung der Namen Ilse (Tochter des Ilse-Gründers Kunheim), Marga (verstorbene Tochter des Kommerzienrates Schumann) und Erika (Enkelin des Firmengründers Kunheim) mehr oder weniger verbrieft ist, sind Renate
und Eva relativ unklar und Anna-Mathilde war wohl bereits vom ursprünglichen Besitzer, der Firma Schöppenthau & Wolff, eingeführt worden, von der die Ilse im Jahr 1903 Grube und Fabrik käuflich erwarb. |
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Ein Name, der hierzulande nicht zur Anwendung kam, soll uns aber zum wiederholten Male auf der rechts abgebildeten
Ansichtskartenproduktion verkauft werden. Mittlerweile zum dritten, und vielleicht nicht einmal letzten, Mal druckte der Berliner Verleger Max Zibell, ein Grube Hertha auf eines seiner Produkte. Das hatte offenbar System und passierte sicherlich aufgrund eines Übermittlungsfehlers entlang der Kette vom Auftraggeber zur Druckerei. Daraus können wir mit hoher Sicherheit davon ausgehen, daß alle "Hertha-Karten" zu einer Serie gehörten. Richtigerweise müsste dort ein Gruß aus Grube Bertha stehen. Das abgebildete Motiv basiert zweifellos auf einer Fotografie, wurde für die Ansichtskarte für meinen Geschmack jedoch sehr stark manuell nachbearbeitet. Trotzdem erkennt der Fachmann die charakteristische Silhouette der Brikettfabrik "Bertha", die ich in Ermangelung einer besseren Lösung mal Sauo und mal Rauno zuordne. Beide Orte reklamierten auf historischen Ansichtskarten besagte Fabrik für sich. Wer soll heute noch darüber richten? Und wie wir es oben gelernt haben, gehörte es sich natürlich, daß zu einer Brikettfabrik eine gleichnamige Grube bzw. Tagebau gehörte. Und diesen, oder besser gesagt: einen Ausschnitt davon, sehen wir auf der nächsten Ansichtskarte. Aufgrund der unspezifischen Aufnahme müssen wir hinsichtlich der korrekten Zuordnung einfach dem damaligen Produzenten vertrauen. Bezüglich des Berta statt Bertha sollten wir nicht allzu pingelig sein. Die Schreibweise wurde querbeet ziemlich frei gehandhabt. Nachdem wir bislang die Brikettfabrik nur aus der Ferne und dazu undeutlich zu Gesicht bekommen haben, folgt abschließend noch eine Aufnahme, die uns sehr viel näher an die Baulichkeiten heranführt:
W.E. Schlemm & Co., Charlottenburg
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Verlag Max Zibell Kunstanstalt,
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Hierbei handelt es sich nicht um eine Ansichtskarte sondern wurde von mir einer reich bebilderten und qualitativ wertigen Chronik zum 25-jährigen Bestehen
der NKW (Niederlausitzer Kohlenwerke) entnommen. Die Veröffentlichung aus dem Jahre 1907 ist auch die einzige, die mir bislang untergekommen ist, in der diese Fabrik als Briketfabrik II der Grube Victoria betitelt wurde. Im geschichtlichen Abriß schreibt man hingegen von "Grube Bertha" wenn man über das 1902 erschlossene Grubenfeld berichtet. Demnach wurde diese Grube ein Jahr später mit einer Brikettfabrik ausgestattet. Diese Brikettfabrik, eine hochmoderne Anlage mit allen technischen Neuerungen, arbeitet mit 8 Briketpressen und produziert jährlich 15 000 Waggons.
Aus den anderen Bildunterschriften in der Chronik könnte man schlußfolgern, daß die uns als "Bertha" bekannte Brikettfabrik intern den Namen "Viktoria 2" trug. Dem würde ich mich nicht
anschließen. Wenn dem so wäre, dann wäre spätestens 1911 damit Schluß gewesen. In jenem Jahr übernahmen die NKW nämlich die früheren Henckels Werke, die zwischenzeitlich der Elzer
Grubengewerkschaft gehörten, und gaben der Fabrik in der Nähe der Spremberger Straße in Senftenbergs Norden den Namen "Viktoria 2".
Übrigens... ein Name wurde meines Wissens nie für die Benennung einer Grube ernsthaft in Betracht gezogen... Claire! |
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