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AK_SFB 026_2 : In der farbigen Version sehr viel schöner...
Mühlbachs Postkarte. Verlag: Reinhard Rothe, Meißen. No. 1000 R 3721 303383 Aufnahme <= 1926 Sammlung Matthias Gleisner

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Mehrbildkarten dieser Art hatten wir, glaube ich, auch noch nicht... Mir sind auch nur wenige weitere Zusammenstellungen
in solcher Form bekannt.
Verlag Erich Krause, Senftenberg. Aufnahme <= 19?? Sammlung Norbert Jurk
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AK_SFB 348_1 bringt 2 Premieren: 1. erscheint das Gasthaus zur Börse erstmalig im Archiv, genauso wie 2. der Verlag.
Reichlich unorthodox finde ich den Schriftzug Gruß von Senftenberg. Auf der bildabgewandten Seite leistete
sich der Verleger noch einen weiteren Schnitzer...
Obwohl das Restaurant unter diesem Namen, ja selbst unter demselben Besitzer, mindestens 20 Jahre bestand, ist heutzutage
die Erinnerung daran, so gut wie erloschen. Selbst eine Ortsbestimmung dürfte den meisten schwer fallen. Ich lüfte mal das
Geheimnis. Das Gebäude stand bis in die 1960er Jahre in der Kreuzstrasse, in etwa dort, wo sich heute Foto-Koar
befindet.
Annonce aus dem Senftenberger Anzeiger, 1920
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Verlag H. Lika, Katscher / O.-S. P 32 Aufnahme <= 19?? Sammlung Wilfried Schmidt
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Wie gestern angedroht, heute wiederum ein alter Bekannter. In der farbigen Variante gefällt mir das Motiv jedoch etwas
besser. Auch diese Version bringt uns in der zeitlichen Bestimmung keinen Schritt weiter. Oder sollte ich das 1907
in den Verlegerangaben doch ernster nehmen?
Verlag und Photographie: G.R. Ziethe, Senftenberg 1907. Aufnahme <= 19?? Sammlung Erika Fischer

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Für diejenigen, die schon etwas länger dabei sind, könnten die nächsten Tage so etwas wie eine DejaVu-Woche werden...
Gestern ein bereits bekanntes Motiv, heute dasselbe. Und in den nächsten Tagen folgen weitere 2.
Brück & Sohn, Meissen 019749 Aufnahme <= 1915 Sammlung Theodor Restel

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Eine weitere Ansicht aus dem Stadtpark kommt heute mit AK_SFB 153_2 zur Archivierung. Die colorierte Variante ist seit
langem Bestandteil des Archivs.
Graph. Verlags-Anstalt Dresden-Blasewitz 9640 Aufnahme <= 1920 Sammlung Erika Fischer

Ergänzend zu den gestrigen Neuzugängen möchte ich darauf hinweisen, dass eine neue Subkategorie Bergbau im
Archiv eingeführt wurde, in welcher künftig "derartige" Motive abgelegt werden. Gleichzeitig möchte ich auf die dort hinterlegte Übersichtskarte
verweisen, die zwar leider den südlichen Teil vermissen lässt, aber dennoch ein gutes Mittel dafür ist, wenn man sich die geografische Lage all der
"alten" Gruben, wie Victoria, Marie, Elisabethsglück, Bertha usw. usf. vergegenwärtigen möchte.
Außerdem ist auf der Startseite dieses Archivs ein interessanter Poststempel abgebildet, der thematisch sehr gut passt.
Dieser kam (natürlich mit dem entsprechenden Datum) Anfang der 1940er Jahre zum Einsatz und trug der wirtschaftlichen Bedeutung
unserer Region Rechnung.
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Aus Anlass des 112. Jahrestages eines Ereignisses, welches damals in und um Senftenberg einen gehörigen Eindruck hinterliess,
werden heute 2 Motive präsentiert, die jedoch auf ein und dasselbe Ursprungsbild zurückgreifen.
Die Datierung fällt in diesem Fall vergleichsweise einfach, denn der Zeitpunkt der Aufnahme lässt sich ziemlich konkret auf
04.08. - 11.08.1900 eingrenzen. Ob das auf den Karten abgedruckte Datum wirklich den Tatsachen entspricht, wage ich nicht zu
beurteilen. Letzlich ist es auch unerheblich.
Verlag : C.G. Grubann, Senftenberg - Ungesetzliche Nachbildung nicht gestattet Aufnahme = 1900 Sammlung Andreas Schild
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Verlag: C.G. Grubann, Senftenberg - Ungesetzliche Nachbildung nicht gestattet Aufnahme = 1900 Sammlung Norbert Jurk
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Nur wenige Tage nach dem Ereignis erschien links abgebildete Annonce im Senftenberger Anzeiger.
Bei den "in 2 bis 3 Wochen" avisierten Ansichtspostkarten dürfte es sich aller Wahrscheinlichkeit nach, um die
beiden heutigen Neuzugänge handeln.
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Aus heutiger Sicht mag es einem sonderlich vorkommen, wieso man einen Tagebaubrand auf einer Ansichtskarte verewigen konnte.
Zur damaligen Zeit war es jedoch keine Seltenheit, besondere Ereignisse, gerne auch Katastrophen, in Form einer Postkarte in alle
Welt zu schicken. Eine kurze Suche im Internet fördert die unterschiedlichsten Sujets zu Tage: Eisenbahnunglücke, Flugzeugabstürze,
einstürzende Konstruktionen, Gruben- und Lawinenunglücke und halt auch immer wieder Brände.
Eine kleine Auswahl solcher Motive ist auf der folgenden Collage zu bestaunen...
Ich könnte mir vorstellen, dass es Sammler gibt, die sich ausschliesslich für Ansichtskarten mit derartigen Abbildungen interessieren.
Doch zurück zum eigentlichen Thema...
Zu den Geschehnissen um den Tagebaubrand im August des Jahres 1900 können wir heute noch auf mehrere Quellen zurückgreifen. Diese
gleichen sich natürlich in den Eckpunkten und dem Grundtenor, sollen jedoch aus Gründen der Authentizität an dieser Stelle unbearbeitet
wiedergegeben werden.
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Der Tagebaubrand im Jahre 1900.
(Nach der Schulchronik).
Der größte und folgenschwerste aller Tagebau-Brände war der vom 4.-11. August 1900. Es war um die Mittagszeit. Ein trockner, scharfer
Westwind wehte an dem Tage.
Dazu brannte Tag für Tag die heiße Sommersonne hernieder und trocknete die bloßgelegte Decke des Kohlenflözes aus, so daß sie mit einer
Kohlenstaubschicht bedeckt war. Wahrscheinlich durch Funkenwurf einer Lokomotive entzündete sie sich, und ehe auch nur die Größe der
Gefahr erkannt werden konnte, war der ganze Tagebau in Rauch gehüllt.
Ob auch Sand geschüttet und Wasser gegossen wurde, die Löscharbeiten zeigten nur die Ohnmacht gegen das entfesselte Element.
Als aber Spritzen zur Stelle eilten, fehlte es am Wasser. Um das zu bekommen, begaben sich der Leiter des Werkes Inspektor Hahn,
mit dem Obersteiger Vogel in den im Süd-Osten des Tagebaues gelegenen Stollen. Durch den Westwind waren aber Rauchgase in ihn eingedrungen,
so daß sich bei den beiden Vergiftungserscheinungen bemerkbar machten, noch ehe dem Pumpenwärter die Weisung gegeben werden konnte, das
Wasser in den Tagebau zu leiten.
Während Vogel mit Hilfe des Pumpenwärters die Sicherheitstüre erreichen und hinter sich zuschlagen konnte, erstickten Inspektor Hahn und
der vorausgeschickte Arbeiter Koallick.
"Rasend blies der Sturm von Westen in den nach Osten hin offenen Tagebau. Himmelan loderten die Feuergarben und wirbelten die Rauchsäulen;
namentlich zur Nachtzeit einen schaurig, schönen Anblick darbietend".
Erst als sämtliche Gespanne zum Wasserholen herangezogen werden konnten und 200 Mann vom Inf.-Reg. Nr. 52 mit Sand das Feuer zu ersticken
suchten, wurde man seiner Herr.
Die Leichen der Verunglückten konnten erst am 13.Oktober 1900 geborgen werden.
Quelle: Heimatserinnerungen (H.Glienke, Rauno), 1926
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Die detailreichsten Schilderungen erschienen natürlich im Senftenberger Anzeiger quasi als "Live"-Berichterstattung...
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- Grube Ilse, 6. August. Am Sonnabend gegen Mittag ist in dem der Grube Ilse gehörigen Tagebau bei Rauno ein Feuer
ausgebrochen, welches von dem herrschenden heftigen Südwestwinde so stark angefacht wurde, daß es sich bald über den ganzen großen Komplex
ausbreitete, wo Kohle zu tage trat. Da sofortige Löschversuche erfolglos blieben, wurden die Feuerwehren der umliegenden Orte aufgeboten;
Nachmittags und Abends arbeiteten zahlreiche Mannschaften mit 8 Spritzen, doch konnte nur sehr langsam vorgedrungen werden, da bald auch
Wassermangel eintrat und der Wind sich nicht legte. Schließlich wurde noch Militär aus Cottbus zur Hilfe erbeten, von welchem am Sonntag
100 Mann unter Führung mehrerer Offiziere eintrafen. Nachdem man sich entschlossen, die brennenden haushohen Kohlenwände mit Sand zu
bewerfen, hatte man gute Erfolge und waren bis gestern Abend die Flammen auf einer 150 bis 200 Meter langen Strecke erstickt.
Der übrige Theil des Tagebaues brannte aber noch weiter und wird es noch tagelanger Anstrengungen bedürfen, die Flammen zu löschen,
welche besonders bei der Dunkelheit und Nachts einen schaurig schönen Anblick gewähren.
Leider dürfte der Brand auch zwei Menschenleben gefordert haben, indem der Gruben-Inspektor Hahn und der Bergmann Koallick vermißt
werden, welche wahrscheinlich aus einem in den Tagebau mündenden Stollen sich nicht haben retten können und jedenfalls erstickt sind.
Bis gestern Abend war es trotz aller Anstrengungen noch nicht gelungen, die Vermißten zu finden.
Besonders am Sonntag Nachmittag war die Brandstelle von Hunderten von Schaulustigen aus der näheren und weiteren Umgegend besucht, welche zum
Theil ihrem Verwundern darüber Ausdruck gaben, daß im Ort Concert- und Tanzmusik ertönte.
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Zwei Tage später immer noch keine Entwarnung... Die Brikettproduktion ist nicht gefährdet, aber zwei weitere Tote...
Der Senftenberger Anzeiger schildert den Sachstand in bildhafter Sprache...
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- Senftenberg, 8. August. Ueber die jetzige Sachlage des Brandunglücks im Tagebau bei Rauno läßt uns die "Ilse"-Direktion
folgende Mittheilungen zugehen: "Der eine Tagebau der Ilse, Bergbau-Aktiengesellschaft, steht seit Sonnabend unter Feuer, welches infolge
starken Sturmes große Dimensionen angenommen hatte. Die Löscharbeiten unter reichlicher Bedienung und Unterstützung durch umfangreiche
militärische Hilfe sind in befriedigendem Gange, und ist gänzliche Ablöschung bald zu erwarten. Leider ist der langjährige und bewährte
Grubeninspektor Hahn und der Grubenarbeiter Koallick in treuester Pflichterfüllung dem Feuer zum Opfer gefallen. Die Bergung der Leichen
ist bisher leider nicht möglich gewesen. Die Betriebsstörung in der Brikettfabrik wird voraussichtlich eine nur kurze sein, da sofort
Dispositionen zur Einrichtung einer ausreichenden Hilfsförderung getroffen sind.
Der durch das Feuer angerichtete Schaden läßt sich bis jetzt noch nicht übersehen, und wenn er auch allem Anscheine nach nicht unerheblich
ist, so wird derselbe keineswegs die Verhältnisse der Gesellschaft wesentlich beeinflussen."
Auf obigem Bild kann man die "Völkerwanderung" der Schaulustigen, von denen nachfolgend die Rede ist, erahnen. Dieses Bild ist
übrigens auch auf einer Postkarte verewigt worden, welche mir leider bislang noch in keinem Original vorlag.
Die tägliche Völkerwanderung zu Fuß und per Gespann nach dem noch immer brennenden Raunoer Tagebau hat noch nicht nachgelassen. Hunderte von
Menschen stehen täglich, ja zu jeder Stunde dort und sehen dem rastlosen Arbeiten der Spritzen und Rettungsmannschaften zu.
Leider soll keine Aussicht auf Rettung der beiden Verunglückten mehr vorhanden sein. Die am Sonntag eingetroffenen 200 Mann 52er rückten am
Dienstag wieder ab, ebenso ein Berliner Feuerwehrkommando. Jetzt ist ausreichend Wasser nach dem Tagebau geleitet, welches unablässig von einer
Nieder-Schöneweider Dampfspritze und noch 3 anderen Spritzen gegen die Kohlenwände geschleudert wird. Man hofft jetzt die Ablöschung schon heute
oder morgen zu Ende führen zu können. - Besonders muß die am ersten Tage des Brandes entfaltete mühe- und gefahrvolle Thätigkeit unserer
freiwilligen Feuerwehr anerkannt werden, denn mit Todesverachtung drangen unter Anweisung des Herrn Direktor Piatschek und Grubeninspektor Heber
die Führer und einige Mannschaften vor, bis mehrere Sachverständige und die Werksleitung der Gefährlichkeit halber Halt geboten und Rückzug aus
dem schon ca. 80 Meter tief betretenen Hauptstollen veranlaßten. Die Leute betraten ohne Maske den Stollen und wurden nur von Spritzen gedeckt,
während sie selbst sich gegenseitig mit dem nachgezogenen Schlauche vor Feuer schützen konnten.
Leider gelang ihnen die Durchführung des edlen Zweckes, unter eigener Lebensgefahr den beiden Verunglückten zu helfen oder sie wenigstens
zu bergen, nicht. - Der Brandunfall hat heute noch zwei weitere Opfer gefordert. Eine Anzahl Ilser Grubenmaurer, welche einen Schacht nach
Grube Ilse zuzumauern beschäftigt waren, um das Feuer zu dämmen, sind infolge Umschlagens der Gase betäubt worden und Steiger Höpfner
sowie Maurer Pohl durch Erstickung ums Leben gekommen. Die übrigen Leute haben wieder zum Bewußtsein gebracht werden können und wurden heute
Nachmittag nach dem hiesigen Werkskrankenhause überführt.
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Nach weiteren zwei Tagen entspannt sich langsam die Situation...
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- Grube Ilse, 10. August. Die Löscharbeiten in dem Tagebau bei Rauno sind in den letzten Tagen rüstig fortgeschritten und ist
es bereits gelungen, den Brand bis auf einen kleinen Theil der Grube zu beschränken. Besonders die durch umsichtig geregelte Wasserzuleitung
erhöhten Leistungen der Dampfspritze aus Nieder-Schöneweide haben sehr zur Löschung des Feuers beigetragen. Die in Brand gerathenen Stolleneingänge
sind größtentheils ebenfalls von den Flammen befreit und wird wenigstens im vorderen Theil des Tagebaues die Förderung bald wieder aufgenommen
werden können. - Die am Mittwoch bei Ausführung einer Stollenmauer betäubten, im Krankenhause befindlichen Leute sind sämmtlich auf dem Wege
der Besserung. In dem Stollen hatte sich auch der Obersteiger Vogel befunden, der schon am Sonnabend gleichzeitig mit dem verunglückten
Grubeninspektor Hahn und dem Arbeiter Koallick in Lebensgefahr schwebte, der er aber glücklicherweise noch entging. Auch am Mittwoch wurde er von
den Gasen betäubt, befindet sich jedoch auch wieder auf dem Wege der Besserung. Die Bergung der Leichen der am Sonnabend verunglückten beiden
pflichttreuen Angestellten der Grube "Ilse" ist leider noch nicht gelungen. Gestern Nachmittag um 3 Uhr fand in der Kirche zu Groß-Räschen unter
überaus großer Theilnahme eine Gedächtnisfeier für die beiden am Sonnabend Verunglückten statt.
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Bezüglich des, bereits durch den Senftenberger Anzeiger lobend hervorgehobenen, Einsatzes der Freiwilligen Feuerwehr Senftenberg, kann man
in der Chronik Sechzig Jahre Freiwillige Feuerwehr Senftenberg folgenden Abriß des Geschehens nachlesen:
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Das erste schwere Großfeuer, bei welchem die Wehr mit eingesetzt wurde, war der Tagebaubrand der Grube Ilse bei Rauno vom 4. bis 9. August 1900.
Hier war ein 25 bis 27 Meter mächtiges Kohlenflöz in Brand geraten. Infolge eines an diesem Tage herrschenden starken Westwindes stand bald der
ganze Tagebau in Flammen. Die Senftenberger Wehr war am 4. August, nachmittags ½3 Uhr, mit ihren Löschgeräten zur Stelle. Neben anderen Wehren
aus der näheren und weiteren Umgebung waren auch ein Bataillon des Infanterie-Regimentes 52 aus Cottbus und eine Motorspritze aus Niederschöneweide
tätig; dazu kamen die Hilfskräfte aus der Gefolgschaft des Werkes. Um die Feuerspritzen überhaupt zum wirksamen Einsatz bringen zu können, mußten
dieselben erst rückwärts an langen Seilen an der Abraum- und Kohlenböschung heruntergelassen werden, was übrigens damals öfters bei Grubenbränden
geschah, sofern nicht eine schiefe Ebene oder andere Zugangsmöglichkeiten zur Grubensohle vorhanden waren.
Schwierigkeiten der Löschgerätebeförderung bei Grubenbränden. Hier wird eine Spritze über einen Bagger in die Grube abgeseilt.
Das Feuer breitete sich zunächst noch immer weiter aus, da ihm nicht leicht beizukommen war, weil zwischen bereits ausgekohlten Kesseln noch
Kohlenwände bis zu 10 Meter standen.
So kam es, daß die Gefahr erst am 9. August als gebannt angesehen werden konnte. An dem Löscherfolg hatte die Senftenberger Wehr einen wesentlichen
Anteil, der seine Anerkennung durch Zahlung einer Prämie und Entschädigung seitens der "Ilse" fand.
Quelle: Aus der Chronik der freiwilligen Feuerwehr zu Senftenberg (1878-1938), Dr. Walther Kupsch (1938)
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Über die oben erwähnte Prämie der "Ilse" an die Freiwillige Feuerwehr, sowie zur aktuellen Situation schreibt der Senftenberger Anzeiger...
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- Senftenberg, 15. August. Der hiesigen freiw. Feuerwehr ist von der Direction der "Ilse"-Bergbau-Actiengesellschaft unter Ausdruck
des verbindlichen Dankes für die außerordentliche schnelle Uebersendung von 2 Feuerspritzen und für die wirksame Unterstützung der Führer, durch
welche es gelungen sei, den großen Brand im Tagebau Rauno mit Erfolg zu bekämpfen, eine Prämie von 300 Mk. übersandt worden mit dem Hinzufügen, daß
für fehlende bezw. beschädigte Schläuche Ersatz beschafft und die Rechnung dafür zur Begleichung übermittelt werden solle. Diese Anerkennung der
Thätigkeit der Wehr wird sicher dankbar aufgenommen werden. - Der Brand im Raunoer Tagebau ist jetzt gelöscht bis auf das Feuer in einigen Stollen,
die durch Zumauerung geschlossen werden. Die Direction nimmt an, mit einer Brikettfabrik der "Ilse" die Production jetzt wieder aufnehmen zu können
und mit einer neuen Förderanlage in der Nähe des Hugoschachtes in 8-14 Tagen wieder in vollem Betriebe zu sein. Die Fabrik der Grube "Renate" war
ununterbrochen in voller Thätigkeit.
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Knapp ein Monat nach dem Ausbruch des Brandes sind die Vermissten immer noch nicht geborgen worden...
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- Grube Ilse, 4. September. Die Bergung der Leichen des beim Brande des Tagebaues bei Rauno verunglückten Gruben-Inspektors Hahn und
des Arbeiters Koallick ist bisher immer noch nicht möglich gewesen. Ein am Donnerstag unternommener Versuch ist wiederum erfolglos geblieben. Unter
Betheiligung von 4 Feuerwehrleuten der Berliner Feuerwehr, die mit Rauchhelmen und anderen Sicherheitsvorrichtungen arbeiteten, wurde der Stollen, der,
um den Zutritt der Luft zu verhindern, mit Sandsäcken verstopft worden war, wieder geöffnet. Es gelang, 50m weit in dem Stollen vorzudringen, dann
machte sich eine derart starke Hitze und Rauchentwicklung fühlbar, daß der Rückzug angetreten werden mußte. Infolge des Zutritts der frischen Luft
schlugen dann sogar im Stollen die hellen Flammen empor. Der Stollen ist jetzt luftdicht vermauert worden, und man beabsichtigt, ihn mehrere Monate
geschlossen stehen zu lassen, ehe weitere Versuche zur Bergung der Leichen vorgenommen werden. Man nimmt an, daß die beiden Leichen im Wasser liegen
und noch nicht verbrannt sind.
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Nach 2 Monaten wurden die Leichen endlich geborgen. Der Senftenberger Anzeiger ergeht sich in schauerlichen Details...
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- Grube Ilse, 16. Oktober. Die Leichen des bei dem Raunoer Tagebaubrande am 4. August d. J. verunglückten Obersteigers Hahn und des Bergmanns
Koallick sind nunmehr am Sonnabend Abend gegen 8 Uhr gefunden worden, nachdem infolge Einfallens der Stollen seit ca. 8 Tagen ein Schacht von der Oberfläche
über der Unfallstelle aus nach unten getrieben worden war. Die Leiche des Obersteigers lag halb im Wasser und war der Kopf lose, während von Koallick,
welcher vom Brand erfaßt zu sein schien, nur ein kleinerer Ueberrest gefunden wurde. Beide Leichen waren so unkenntlich, daß nur durch die Kleidungsstücke,
Ringe, etc. Identifizierung erfolgen konnte. Gutem Vernehmen nach wird die Leiche des H. in Bernburg überführt, die Ueberreste des K. morgen Nachmittag in die
kühle Erde gebettet werden.
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48 Stunden nach dieser Meldung muss sich der Senftenberger Anzeiger korrigieren... der tote Hahn, der eben noch "nur" Obersteiger war, avanciert wieder
zum Gruben-Inspector und auch vom Arbeiter Koallick war wohl mehr als ein Häufchen Asche übrig geblieben...
Bemerkenswert: der erste Abschnitt des Artikels besteht aus einem einzigen Satz!
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- Rauno, 18. Oktober. Zu der Mittheilung über die Auffindung der Leichen des Gruben-Inspectors Hahn und des Bergmanns Koallick ist berichtigend
nachzutragen, daß nicht ein neuer Schacht von oben getrieben worden ist, sondern daß von Sonnabend Mittag ab unter Leitung des Obersteigers Vogel und des
Steigers Linke in demselben Stollen vorgedrungen wurde, in welchem am Abend des ersten Brandtages unter Leitung der Herren Director Piatscheck von den
Anhaltischen Werken und Gruben-Inspector Heber von Reschke's Werken Führer und Mannschaften der Senftenberger freiwilligen Feuerwehr bereits ca. 80 Meter
weit vorgedrungen waren.
Die Leichen wurden etwa 120-150 Meter weiter gefunden und zwar die des Herrn Hahn gegen 8½ Uhr, die des Bergmanns Koallick gegen 9 Uhr Abends.
Verbrannt war keine der beiden Leichen, es sind also beide Verunglückte durch die giftigen Gase erstickt bei treuer Erfüllung ihrer Berufspflicht, was
ihnen ein dauerndes ehrendes Gedenken sichert. In Frieden ruhe ihre Asche, möge aber auch unser Bergbau für die Folge von solchem Unglück gnädigst verschont
bleiben.
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Mit diesem frommen Wunsch des Senftenberger Anzeigers schliesst sich der Kreis um die Ereignisse. Allein er ging in den Folgejahren nicht in Erfüllung.
Es gab noch so einige Brände, Verpuffungen und Rutschungen, die auch immer wieder Menschenleben forderten.
Im Übrigen möge man mir wegen der Länge dieses "Artikels" verzeihen. Aber wann hat man (ich) schon einmal die Chance aus Anlaß zweier Postkarten Geschichte
so umfassend (nach) zu erzählen, und dies darüber hinaus mit Hilfe einer Ausdrucksweise, die typisch für die damalige Zeit ist und irgendwie eine besondere
Wirkung ausübt?
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