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Fast auf den Tag genau vor 84 Jahren, fand am 20.April 1932 die feierliche Einweihung des neuen Gymnasiums & Lyzeums Senftenbergs, der Rathenau-Schule statt.
Anhand informativer Textauszüge und Bildern aus der damaligen Berichterstattung, sowie einiger Ansichtskarten-Motive soll in dieser Woche, diesem Ereignis gedacht werden.
Übrigens fand an jenem Tage nicht nur die feierliche Einweihung der Rathenau-Schule, sondern auch die Grundsteinlegung der neuen katholischen Schule in der Calauer
Straße statt. Da für beide Bauten das Berliner Architekturbüro Hoffmann und Taut verantwortlich zeichnete, konnte das aus der Hauptstadt angereiste Architekten-Gespann gleich
zwei Veranstaltungen an einem Tag abhandeln...
Weihefestlichkeiten in der neuerbauten Rathenauschule. Gestern
nachmittag fand unter außerordentlich starker Beteiligung
der Bevölkerung, der Industrie, des Handels und Gewerbes
und der Behörden die Einweihung des Neubaues der Rathenauschule
statt. Anwesend waren u.a. Professor Dr. Schmidt, Geheimer
Regierungsrat, Regierungspräsident Fitzner, Oberregierungsrat
Varrentrapp, ebenfalls vom Provinzialschulkollegium,
Oberregierungsrat und Baurat Kusel von der Regierung in
Frankfurt a.d.O., Landrat Freter - Calau, Oberbürgermeister
Dr.Kreutz - Cottbus, Dr.Haekel, geschäftsführender Präsident
des Reichsstädtebundes, Regierungs-Baumeister Müller - Senftenberg,
weiterhin Vertreter der Geistlichkeit, der städtischen
Körperschaften, die Schulleiter der hiesigen Schulen, die
Schulkollegien und die Elternbeiräte.
Der Festakt wurde, wie Superintendent Lehnerdt in seiner
Ansprache so treffend darlegte, durch ein Werk des großen
Sohnes der evangelischen Kirche, Johann Sebastian Bach, eingeleitet.
Musiklehrer Lambertus entlockte der neuerbauten Orgel
machtvolle Töne durch Wiedergabe der Bachschen Schöpfung:
Präludium und Fuge in G-moll. Anschließend sang Frau Blümel,
als Sopranistin weit über die Grenzen unsrer Stadt bekannt, das
"Halleluja" von Ferdinand Hummel. Bürgermeister Lindemann gab
in der Begrüßungsansprache seiner Freude über das gelungene
Werk Ausdruck. In der sich anschließenden trefflichen Festrede
des Vertreters des Provinzial-Schulkollegiums wurde zunächst
Bürgermeister Lindemann und Oberregierungsrat Varrentrapp der
Dank für Verdienste um das Zustandekommen des Baues abgestattet.
Drei festliche Begebenheiten seien zu feiern, so führte der
Festredner weiter aus, neben der Einweihung gelte es der Gründung
des Lyzeums zu gedenken und die Amtseinführung des neuen Leiters
des Lyzeums, Prof. Dr. Pauls, vorzunehmen. Mit Worten der Anerkennung
und des Zuspruchs wurde dem neuen Lyzeumsleiter die Bestätigungsurkunde
des Provinzial-Schulkollegiums und der Regierung überreicht.
In seinen weiteren Ausführungen stellte der Redner die hohen
Ziele des Menschentums in den Vordergrund. Mit dem Einzuge in das
neue Haus mögen auch gute Geister Einzug halten.
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Vor allem der Geist der Dankbarkeit gegen die Stadt, die es
ermöglicht habe, Lehrern und Schülern ein so stattliches Gebäude
zu schaffen, der Geist der Eintracht als Basis für ein harmonisches
Verhältnis zwischen den Leitern und den Lehrkräften, den Lehrkräften
und Schülern und nicht zuletzt zwischen den Eltern und der Schule.
Als Grundlage der Ordnung möge der Geist der Gerechtigkeit und der
Unparteilichkeit und der Unvoreingenommenheit Einzug halten.
Vonnöten sei der Geist der Treue als höchstes Kulturgut des deutschen
Menschen; der Treue zu Volk und Staat, zur Erzielung tiefer Religiösität,
reiner Sittlichkeit und wahrer Kunst und nicht zuletzt möge Heiterkeit
als Quell edler Freude nicht unvergessen bleiben.
Wenn alle fünf die treuen Wächter der Schule bleiben, werde der Segen
und Erfolg der Erziehungs- und Bildungsarbeiten nicht ausbleiben.
Anschließend nahm der Leiter der Rathenauschule, Studiendirektor
Rehmer, das Wort. Studiendirektor Dr. Rehmer gab einleitend seinem
Gefühl des Dankes gegen Gott den Allmächtigen, der mit schützender
Hand über allem gewacht habe, Ausdruck. Die heute so stattlich
ausgebaute, gut fundierte Schule blicke gleichsam auch auf einen
20jährigen wichtigen Abschnitt in ihrer Entwicklung zurück.
Die Rathenauschule mit Vorplatz (1932)
Das sei in Anbetracht der mannigfachen Umstände besonders
Veranlassung, den Tag freudig zu begehen. Studiendirektor Dr.
Rehmer stattete Bürgermeister Lindemann und den städtischen
Kollegien den Dank ab und bat Landrat Freter und das Provinzial-
Schulkollegium um weiteres Wohlwollen. Er schloß mit dem Wunsche,
daß es der Anstalt, deren Aufbau und Erhaltung er als seine
Lebensaufgabe betrachtet, stets gelingen möge, tüchtige junge
Menschen für den Kampf ums Leben reif und harmonische Jünglinge,
tief verwurzelt im Worte Gottes und dem Heimatsinn und der Liebe
zum Vaterlande, vorzubereiten.
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Anschließend gab Architekt Hoffmann (BDA.), Berlin, eine kurze
Uebersicht über die Baugeschichte und übergab mit Dankesbezeugung
den Schlüssel des Gebäudes Bürgermeister Lindemann.
Bürgermeister Lindemanns Dank galt den ausführenden Architekten
Max Taut und Hoffmann, weiterhin den beteiligten Industrien, dem
heimischen Handwerk und den Mitgliedern der städtischen Kollegien,
die in selbstloser Vorbereitungsarbeit ersprießliche Arbeit
geschaffen haben.
Er gedachte der Gemeinden Räschen, Bückgen,
Marga, Sedlitz, Hörlitz, Sauo, Buchwalde und Reppist für die
bereitwillige Beteiligung an der Unterhaltung, ganz besonders
dankte er dem Landrat Freter und dem Kreisausschuß für das überaus
große Entgegenkommen bei der Finanzierung des Neubaues. Er sprach
den Wunsch aus, daß durch harmonische Zusammenarbeit aller Kreise
der heimischen Bevölkerung Senftenbergs mehr noch als bisher der
kulturelle Mittelpunkt werden möge. Regierungspräsident Dr. Fitzner,
Frankfurt a.d.O., sprach den Wunsch aus, daß der Geist Walter
Rathenaus, der Geist der Pflichterfüllung, der Geist der Gemeinschaft,
der Geist der Selbstachtung eine bleibende Stätte im neuen Hause
finden möge. Anschließend überbrachte noch der geschäftsführende
Präsident des Reichsstädtebundes, Dr. Haekel, herzliche Grüße und
Glückwünsche, Landrat Freter namens der Kreisverwaltung, Schulrat
Schmidt als Vertreter des Schulkreises Calau Süd, Superintendent
Lehnerdt, als Vertreter des Kreissynodalverbandes Senftenberg und
Pfarrer von Tessen namens der katholischen Kirchengemeinde. Als
sichtbares Zeichen des Dankes und der Anerkennung überreichte
Bürgermeister Lindemann Landrat Freter und Oberregierungsrat
Varrentrapp erstmalig die Plakette "Die Förderer der Stadt
Senftenberg" und Ehrenurkunde. Anschließend gab Beigeordneter
Barth einen Magistrats- und Stadtverordneten-Beschluß bekannt,
wonach Bürgermeister Lindemann als Zeichen des Dankes eine Summe
Geldes zur Verwendung für gemeinnützige Zwecke zur Verfügung steht.
Weitere musikalische Darbietungen und ein Rundgang beschloß
den Festakt. Abends fanden sich die beteiligten Handwerker und
geladenen Gäste zu einem geselligen Beisammensein im
Schützenhause zusammen.
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1932
Puh! Wer nach all den Namen, Funktionen und vor allem: beschworenen Geistern noch folgen konnte, den kann ich vielleicht auch noch für eine Auflistung,
der am Bau beteiligten Firmen interessieren. Gleichzeitig muß ich natürlich auch so langsam einmal zum Wesentlichen kommen. Neuen Ansichtskartenmotiven!
Die Beteiligung des heimischen Handwerks am Bau
der Rathenau-Schule. An der Schaffung des Wahrzeichens
heimischen Gewerbefleißes und guter Handwerksarbeit, der am vergangenen
Mittwoch eingeweihten Rathenau-Schule waren folgende heimische
Firmen und Handwerksmeister beteiligt: Albert Pusch, Hoch-, Tief- und
Eisenbetonbau, Niederlausitzer Wasserwerksgesellschaft, Gas- und
Elektrizitätswerk, C.Junge, Tiefbauunternehmer, Paul Herrmann,
Dachdeckermeister, L.Rothe & Söhne, Klempnermeister, O.Böhnisch,
Klempnermeister, die Tischlermeister Hermann Lehmann, Alfred Heupel,
Reinhold Thiel, Wilhelm Wolschke, Kurt Grafe, Hermann Platta,
Ilse-Bergbau, Ziegelei-Abteilung, Richard Lehmann, Töpfermeister,
Ludwig Walter, Töpfermeister, Albert Lemke, Schlossermeister,
Hermann Lorsch, Schlossermeister, Norbert Merkle, Steinmetzmeister,
die Malermeister Alfred Wendt, Hugo Kallenbach, Curt Schönert, Karl
Partzeck, Josef Sobirey, Franz Heym, Paul Flemming, Hermann Kunau,
die Fuhrunternehmer Max Brodack, Alfred Busch, Paul Raak, Baugeschäft
Schneider, Kaufmann E.Fuchs, Buchhändler Erich Krause, Glasermeister
Raatz, Tapeziermeister Lichey.
Die örtliche Bauleitung von seiten der Architekten Max Taut und
Hoffmann lag in den bewährten Händen des Architekten Reinhart - Berlin,
unter der Bauleitung der Fa. Albert Pusch durch Maurer- und
Zimmermeister Otto Schneider, den Polieren Schier und Richter ist es
im besonderen zu danken, daß der gesamte Bau ohne nennenswerte Unfälle
durchgeführt worden ist. Garten-Architektin Käthe Meyer hat in
überaus ansprechender Weise die Frage der gärtnerischen Belebung des
Schulplatzes gelöst und die Ausstattung der Lehrgärten mit gutem fachlichen
Können besorgt.
Haben wir noch jemanden vergessen? Ach ja...
Beteiligung des heimischen Handwerks am Bau
der Rathenau-Schule. Zu unsrer Notiz unter gleichem Kennwort
ist noch nachzutragen, daß Glasermeister Brattke und die Malermeister
Fritz und Walter Rothe gleichfalls am Bau der Schule beteiligt waren.
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Otto Lieske, Papierhdlg., Senftenberg, N.-L. 28. Ges. gesch. Bromüra Aufnahme <= 1937 Sammlung Fred Förster
Verlag: Waldschmidt, Senftenberg Aufnahme <= 1938 Sammlung Matthias Gleisner
VEB Volkskunstverlag Reichenbach i.V. Echte Photographie 294/55 6/29 K. Foto: Hoffmann. Gr.-Gaglow A 246/55/DDR 57/974/4100 Aufnahme <= 1955 Sammlung Norbert Jurk
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Wie den meisten sicherlich bekannt ist, währte der Name "Rathenau-Schule"
keine 12 Monate. Am 8.März 1933 wird die Schule in "Hindenburg-Schule"
umbenannt. Die beiden links abgebildeten Ansichtskarten stammen aus der
Zeit nach dem März 1933. Man kann jeweils den Schriftzug "Hindenburgschule"
an der Hausfront gut erkennen.
Beim oberen Motiv hat man nachträglich Hand angelegt und die Schornsteine
von "Friedrich Ernst" und den Reppister Brikettfabriken einfach wegretuschiert.
Eine Version MIT Schornsteinen existiert ebenfalls. Jedoch ist diese nicht
einfach die "unbehandelte" Variante. Bei nahezu identischer Sichtachse
wartet jenes Motiv (es befindet sich noch auf meiner Wunschliste)
mit ein paar subtilen Differenzen auf. Beispielsweise stehen die Teilnehmer
des dort gleichfalls laufenden Fußballspiels auf anderen Positionen.
Die zweite Ansichtskarte, eine Produktion des Kaufhauses Waldschmidt, zeigt
das Areal definitiv später als Motiv Nummer 1 - Die Vegetation rund um den
Schulhof ist erkennbar fortgeschritten.
Besagte Schornsteine sind hier wenigstens an Ort und Stelle belassen worden.
Apropos Fußball... Diese Sportart wird auch auf Ansichtskarte Nummer 3
getrieben. Diesmal jedoch nicht mehr auf dem Pausenhof, sondern auf dem
ehemaligen Gartenland, welches sich auf der anderen Straßenseite befand.
Das Exemplar ist übrigens eine Nachkriegsproduktion. Das erkennt man spätestens
an der Zahlen- und Buchstabenkolonne, die eine Seriennummer darstellen soll.
Die Aufnahme markiert auch den Zeitpunkt, an dem ich still und heimlich
mein Betätigungsfeld deutlich auf die Jahre 1945 - 1961 ausdehne. Es ist zwar
noch lange nicht so, daß mir Ansichtskarten und Fotos ausgehen, die bis 1945
entstanden, aber da das Ganze hier ja nicht mehr nur ein stures Vorstellen
von Ansichten ist, sondern ich mir schon Mühe gebe, das Bildmaterial thematisch
zu präsentieren, bietet es sich zuweilen an, die einzelnen Phasen zu mischen.
So wie heute.
Mittagspause in den 1930ern Im Hintergrund die Schule
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