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30.08.2020
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Und weiter geht es mit Kindheitserinnerungen... Ich habe hier ja schon mehrfach zu verstehen gegeben, daß ich irgendwie Brieske-lastig bin. Große Teile meiner Kindheit, Kleinkindalter, Kindergarten, Schule (1. - 10. Klasse) verbrachte ich in Brieske. Ohne jemals dort gewohnt zu haben! Auch in der Freizeit, in den Schulferien, an Wochenenden oder nach der Schule war ich sehr häufig in Brieske anzutreffen. Da wir in Senftenberg wohnten, war ich somit weder "Fisch noch Fleisch", weder richtiger Briesker noch richtiger Senftenberger.
Noch so ein Kindheitstrauma!
Auf jeden Fall kann ich mich niemals "Marganer" oder sogar "Ur-Marganer" nennen, wie das so manche für sich in Anspruch nehmen. Wobei zu meiner Zeit niemand die Bezeichnung "Marga" oder gar "Marganer" benutzte. Das waren alles "Briesker", die in Brieske wohnten. Diese "Marga-Manie" setzte erst nach der Wende und mit dem Wiederaufbau (ja so krass muß man das tatsächlich ausdrücken) der Kolonie Marga ein. 1991 begann man mit Sanierungsarbeiten am Pfarrhaus, der Kirche und der Schule. 1998 folgte die großflächige Rekonstruktion der Wohnbauten, bei der man jahrzehntelange Mangelwirtschaft und sozialistische Improvisation quasi zurückdrehen mußte, um die Häuser wieder in einen architektonischen Stand zu bringen, der zumindest äußerlich dem Urzustand gleicht.
Eine Schwierigkeit dabei war, die ursprüngliche Farbgebung der Fassaden nachzuempfinden. Außer vier Farbdias, die man bei der Sanierung des Kirchturms im Turmknauf entdeckte, hatte man dazu lediglich colorierte Ansichtskarten zur Hand. Und das bei diesen recht großzügig mit Farben hantiert wurde, ist ja nun allgemein bekannt. Das hatte zumeist nicht allzuviel mit den realen Gegebenheiten zu tun sondern orientierte sich eher am Geschmack der potentiellen Ansichtskartenkäufer. Die Restauratoren machten das Beste aus dem wenigen, das ihnen zur Verfügung stand, und wählten eine ansprechende dezente Farbgebung für die einzelnen Gebäude.

Nach Abschluß der 10. Klasse war Brieske für mich so gut wie "erledigt". Mich führten fortan nur noch sporadische Besuche in den Ort. Im wesentlichen um meine Oma und sehr viel später meine Eltern zu besuchen, die schlußendlich dann doch noch ihre "Briesker Phase" hatten, in der sie im Ort wohnten. Dies ist jedoch auch schon ein paar Jahre Geschichte. Meine persönliche Liebe zu Marga, die zugegebenermaßen eher theoretischer Natur ist, denn wohnen möchte ich dort nicht, entbrannte erneut vor ziemlich genau 10 Jahren, als ich meine Ansichtskartensammelei startete und dabei glücklicherweise auch an Stücken aus Grube Marga vorbei kam. Dabei hatten (und haben) es mir besonders die oben angesprochenen colorierten Varianten angetan...

Senftenberg
Verlag: Erich Krause,
Papierhandlung, Senftenberg
Aufnahme <= 1924
Sammlung Matthias Gleisner
Senftenberg
Senftenberg
Ilse-Wohlfahrtsgesellschaft m.b.H.,
Grube Ilse, N.-L.
R. 20190
Aufnahme <= 1919
Sammlung Matthias Gleisner
Senftenberg
Senftenberg
Verlag: Ilse Wohlfahrtsgesellschaft m.b.H.,
Grube Ilse, N.L.
296428
R 16193
Aufnahme <= 1930
Sammlung Matthias Gleisner

Drei Beispiele des oben angesprochenen großzügigen Griffs in die Farbtöpfe liefere ich heute mit den hier aufgereihten Ansichtskarten. Zwei davon kennen wir schon in der zweifarbigen Variante. Die dritte, die es mir besonders angetan hat, existierte ebenfalls zweifarbig. Diese Version habe ich aber noch nicht in der Hand gehabt, wenn ich mal den Originalfoto-Abzug der mir als Bestandteil des "Marga-Albums" zur Verfügung gestellt wurde, außer acht lasse.
Das darauf abgebildete Haus ist mir tatsächlich sehr gut bekannt. Dort wohnte damals nämlich mein bester Schulkamerad und ich verbrachte so manche Stunde dort und übernachtete zuweilen auch in dem kleinen Zimmer unter dem Dach (das mit dem Fenster links). Außerdem wurde uns Briesker Schülern in dem Gebäudeteil rechts (der mit dem Zeltdach und den drei Fenstern) theoretisches Wissen im Unterrichtsfach "Schulgarten" vermittelt, welches wir daraufhin in dem angrenzenden Gewächshaus in die Praxis umsetzen durften. Insofern stimmt die bildseitige Bezeichnung Gärtnerei sogar noch für meine Zeiten Ende der 1970er. Und wie es sich für eine ordentliche Gärtnerei gehört, umfasste das Ganze natürlich auch einen größeres Areal auf dem wir uns freiluftmäßig austoben durften. Dabei erinnere ich mich, daß ein Teil des Außenbereiches zu meiner Zeit nicht nutzbar war. Dort befanden sich Reste von Gewächshäusern und hoch wuchernde Vegetation. Der gesamte Freilandbereich befand sich nördlich im Hintergrund des auf der Ansichtskarte abgebildeten Gebäudes. Teile davon wurden später mit Garagen überbaut.
Die Gärtnerei, einschliesslich des Hauses, befand sich spätestens 1915 im Baubestand. Ein alter Lageplan aus jenem Jahr zeigt dies ganz deutlich. Errichtet wurde das Ganze zweifellos durch die Ilse Bergbau AG, die Einrichtungen wie Bäcker, Fleischer, Wirtshaus, Kolonialwarenladen und eben auch eine Gärtnerei zur Versorgung der in der Kolonie lebenden Belegschafter und deren Familien unterhielt. Der hier beschäftigte Gärtner war auch für die Pflege der Grünanlagen innerhalb der Siedlung verantwortlich.
Mitte der 1920er Jahre gliederte die Ilse den Gärtnereibetrieb aus. Neuer Besitzer war der Gärtnermeister Fritz Hottenrott. Gut möglich, daß dieser bereits zuvor in Diensten der Ilse stand und die Gärtnerei in deren Auftrag bewirtschaftete. Wie lange Hottenrott die Gärtnerei betrieb, kann ich derzeit nicht sagen. Man müsste mal einen "Ur-Marganer" fragen.

Lothar Winkler führt in seiner Schrift "Leben und Einkaufen in Marga früher und heute" aus, daß nach Hottenrott ein gewisser Karl Eisenack die Gärtnerei betrieb und schreibt weiter: "In dieser Zeit begann der langsame Verfall der gärtnerischen Anlagen", den ich dann 10 Jahre später höchstpersönlich in Augenschein nehmen durfte. Ca. 1970 zog die Familie meines Schulkameraden in das Haus und damit war dann auch die gärtnerische Tradition auf dem Grundstück mehr oder weniger (siehe Schulgarten) beendet.