Traditionell waren am Pfingstwochenende die Gaststätten, die Wein- und Gartenlokale, überhaupt jede Form des Ausschanks von Speis und Trank, beliebte
Anlaufstellen für die Senftenberger Bürger. Dabei spielte das Schützenhaus nahe der Chaussee nach Ruhland ganz vorne mit. Die Selbstauskunft "Größtes Vergnügungs-
Etablissement der Niederlausitz" war vielleicht ein wenig hoch gegriffen, doch für Senftenberg hatte dieser Superlativ mit Sicherheit seine Berechtigung.
Die jeweiligen Wirtsleute beließen es zu Pfingsten auch nicht beim profanen Angebot von hochprozentigen Getränken und deftiger Kost, nein, im Schützenhaus durfte
es immer ein bisschen mehr sein. Neben dem alljährlichen Pfingstschießen der Schützengilde gastierten regelmäßig Betreiber von Buden, Fahrgeschäften und allerhand
Belustigung für jung und alt. Zuweilen (wie aus obiger Annonce aus dem Jahr 1910 zu entnehmen), gastierte sogar ein Zirkus mit exotischen Attraktionen auf dem Areal.
Die beiden Ansichtskarten mit Motiven vom Schützenhaus, die ich heute vorstelle, zeigen uns ruhigere Zeiten. Während das linke Stück vollkommen neu ist, kennen wir
die beiden Abbildungen der Zweibildkarte bereits jeweils in groß. Wir erhalten auf dem Doppeldecker im Zweifel etwas mehr Bildinformation als auf den Einzelbildvarianten.
Wobei das jetzt aber auch nicht sensationell ist. Zumindest konnten die Aufnahmen durch das Auftauchen dieser Variante bei mir nun sehr viel sicherer datiert werden
als dies bislang möglich war.
Weitaus weniger turbulent als im Schützenhaus ging es in der Totzigmühle zu. Der Wirt mühte sich zwar, das Beste aus Küche und Keller aufzufahren aber die Lage des
Lokals nahm mit Fortschreiten der Tagebaue zwischen Senftenberg und Meurostolln (Senftenberg 2) immer mehr an Attraktivität ab.
1903, also zu der Zeit, in die uns die Ansichtskarte rechts entführt, hielt sich das Ganze noch in Grenzen. In späteren Jahren wurde südlich der Lokalität ein weiterer
Tagebau aufgeschlossen.
 aus: Messtischblatt Klettwitz (1904)
|
Wobei bereits eingangs des 20. Jahrhunderts erhebliche Belastungen (Staub, Lärm und
sogar Funkenflug, der zur Entzündung des umliegenden Graslandes führte) durch die nur
wenige hundert Meter entfernte Brikettfabrik "Elisabethglück" das Lebens des Wirts
Emil Seidensticker erschwerten.
Wie man einem detailreichen Beitrag im "Kippensand 2018" (Autor: Rolf Radochla)
entnehmen kann, kam es bereits vor 1902 zwischen Seidensticker und den Senftenberger
Kohlenwerken als Betreiber der Brikettfabrik zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung,
die damit endete, daß Seidensticker von dem Werk zunächst 540 Mark/Jahr als Entschädigung für
die Umweltbelastung erhielt. Außerdem erstritt sich der Wirt auch von den Betrieben
"Meurostolln" und "Stadtgrube" jeweils 129 Mark/Jahr.
Überhaupt "Elisabethglück". Ich habe mal kurz überflogen, welche Schreibweisen mir
bisher auf historischen Ansichtskarten für diese Grube und/oder Brikettfabrik angeboten
wurden... "Elisabeth-Glück", "Elisabethglück", "Elisabeth's Glück", "Elisabethsglück",
"Elisabeth Glück" ... und nun also auch noch "Eliesabethglück".
|
Fazit: Ansichtskarten tragen bezüglich der exakten Schreibweise nicht selten eher zur Verwirrung als zur Aufklärung bei. Im Falle "Elisabethglück" leisteten aber auch Landkarten
und die damaligen Presseerzeugnisse ihren Anteil an der immer noch ungeklärten Frage: "Wie hieß es denn nun wirklich? Elisabethglück oder Elisabethsglück?". Denn das sind
eigentlich die beiden verbliebenen Kandidaten, um die sich die Gelehrten streiten. Eine definitive Aussage in die eine oder andere Richtung liefert auch der oben genannte Kippensand-
Beitrag nicht. Während sich Rolf Radochla eher für die Schreibweise mit dem eingeschobenen "s" begeistern kann, weil diese etwas flüssiger von der Zunge geht, beharre ich weiterhin
auf dem Standpunkt, daß "Elisabethglück" der originale und richtige Name ist. Dabei stütze ich mich unter anderem auf Briefköpfe wie man sie auf Dokumenten, wie dem unten abgebildeten,
finden kann. Denn ich sage mir: "Wenn die das nicht wussten, wer dann?".
|
|