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15.03.2020
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Waren die Ansichtskarten, die ich hier über die letzten 3 Wochen vorstellte eher in die Kategorie "Massenware" einzuordnen, sieht es heute schon ganz anders aus! Von dieser Umschreibung sind die beiden Fotos und die Ansichtskarte meilenweit entfernt. Bezüglich der beiden Fotografien liegt dies schon in der Natur der Sache begründet, denn Fotos wurden in weit geringerer Quantität produziert als kommerzielle Ansichtskarten. In den allermeisten Fällen, haben nur ganz wenige Exemplare eines Fotomotivs die Jahre überlebt. Meistens nur ein einziges Stück!
Aber auch das dritte Stück ist für mein Dafürhalten extrem selten, denn ich bisher nur ein einziges Stück davon gesehen.

Daß ich heute das Thema Hörlitz aufgreife hat nichts mit dem Besuch des "Landschleichers" des Fernsehsenders RBB zu tun, der vor einer Woche die kleine Gemeinde besuchte. Der dabei entstandene knapp 5-Minütige Filmbeitrag war am 8. März innerhalb der Sendung "Brandenburg Aktuell" zu sehen und kann hier nochmals angeschaut werden. Wie gesagt, es ist purer Zufall, daß der RBB und ich ziemlich zeitgleich Hörlitz seine/meine Aufwartung machten.
Die Anmoderation im TV ... vom alten Hörlitz ist nicht mehr viel übrig kann man so stehen lassen. Das was wir heutzutage unter Hörlitz verstehen, sind die Reste von Senftenberg 2 und Hörlitz-Flur. Vom ehemaligen Dorf Hörlitz ist seit gut 80 Jahren nichts mehr übrig. Es fiel vollständig dem tagebau "Marga" zum Opfer. Der Tagebau Meuro knabberte zusätzlich ab Anfang der 1960er Jahre weiteres Gelände, und damit Gebäude und Straßen, hauptsächlich von Hörlitz-Flur, ab.

Wir haben jedoch Glück! Das meiste, das ich heute präsentiere, existiert auch heute noch und lädt zu Vergleichen "alt gegen neu" ein...

Da wäre zum Beispiel dieses Haus. Seine heutige Adresse lautet Ernst-Thälmann-Straße 1. Zum Zeitpunkt der Aufnahme war das zwar auch die Hausnummer 1, der Straßenname hingegen lautete anders. Wie genau, ist zu einem geringen Prozentsatz vage. Der Straßenzug trägt mit dem Namen des KPD-Führers mittlerweile die 4. Bezeichnung. Der erste Name lautete Chausee-Straße, Während einer Gemeindevertreter-Sitzung im Juli 1928 wurde der Vorschlag eingebracht, "die neu gepflasterte Chaussee-Straße nach dem ersten Reichspräsidenten Ebert als Friedrich-Ebert-Straße zu bezeichnen". Der Antrag wurde angenommen und einige Zeit später umgesetzt. Wann genau kann ich aktuell nicht sagen, da ich eine offizielle Bekanntmachung nicht finden konnte. Sicher ist, daß spätestens im Juni 1929 die Rede von der Ebert-Straße war.
Ähnlich wie in Senftenberg, war mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten dann Schluß mit Ebert und die Straße erhielt den Namen Horst-Wessel-Straße. Dieser Name wiederum hatte verständlicherweise nur bis Kriegsende Bestand, wonach schleunigst die Umbenennung in Ernst-Thälmann-Straße erfolgte.
Die Fotografie ist zeitlich zwischen Ebert- und Wessel-Straße anzusiedeln. Ich vermute ersteres. Meine großzügige Datierung <= 1941 fußt auf einer Vergleichsaufnahme, auf der der schräge Eingang bereits zugemauert und an eine andere Stelle verlegt worden war.
Neben der zeitlichen Unsicherheit besteht zudem noch Nachholbedarf in Sachen Funktion des Erdgeschosses. Während sich dort nach dem Krieg eine Konsumverkaufststelle befand, ist nicht so ganz klar, wozu das Haus davor diente. Aufgrund des Schriftzuges über der Eingangstür, den ich jedoch nur vage als "irgendwas mit Gemeinde" entziffern kann, vermute ich, daß sich hier für eine gewisse Zeit das Gemeindebüro befand. Und zwar in der Zeit, in der man das alte Dorf Hörlitz so langsam aufgab, das neue Rathaus jedoch noch nicht fertiggestellt war.
Senftenberg
Aufnahme <= 1941
Archiv der Stadt Senftenberg
Als sicher dürfte gelten, daß das Foto nicht vor 1928 gemacht worden sein kann. Anhaltspunkt ist das Haltestellenschild für den Senftenberger Stadtomnibus. Der Busverkehr wurde am 2. August 1928 eingeführt. Das Ansteuern von Senftenberg 2 erfolgte ab dem 16. August. Wobei in den mir zur Verfügung stehenden Informationen keine Rede von einem Haltepunkt an genau dieser Stelle ist. Vielleicht stolpere ich zukünftig über eine entsprechende Meldung, so daß sich das Datum der Aufnahme mindestens nach unten weiter eingrenzen lässt.
Auch die bereits weiter oben erwähnte kommerzielle Ansichtskarte macht es uns bezüglich ihrer Datierung nicht so einfach. Der Postausgangsstempel auf dem mir vorliegenden Stück vom Januar 1945 ist nicht sehr hilfreich, da ich dieses Datum als viel zu spät ansehe. Die Karte ist aber auch nicht so alt, wie ich sie im ersten Moment einschätzte. Das Motiv mit den beiden Kirchen, die jeweils in den Jahren 1929 (evang.) und 1931 (kath.) eingeweiht wurden, deckeln das Stück nach unten. Das von mir angegebene <= 1937 beruht auf dem Vorhandensein des Geschäfts von Erich Kutzner auf der Teilabbildung links oben. Im Einwohnerbuch des Jahres 1937 findet man keinen derartigen Verweis mehr.

Das Teilmotiv mit den beiden Kirchen ist desweiteren sehr aufschlussreich! Ich kenne das davor auszumachende Areal ausschließlich als Senke, in der die Straße ziemlich abfällt und dann wieder ansteigt. Das sah zu Zeiten der Ansichtskarte noch erheblich anders aus, denn eine Brücke überspannte den Geländeeinschnitt in welchem sich eine zweigleisige Grubenbahntrasse entlang schlängelte. Einen Blick vom Fuße dieser Trasse hinauf zum Brückenbauwerk sehen wir auf nachfolgender Aufnahme:

Senftenberg
Photo-Atelier Ernst Wenzel,
Senftenberg L., Calauer Str. 13.
Tel 283
Aufnahme <= 1937
Sammlung Matthias Gleisner
Für das dritte Stück, eine Fotopostkarte, kehren wir nochmals in die Chaussee→Ebert→Wessel→Thälmann-Straße zurück. Denn genau dort befindet sich das darauf abgebildete Wohnhaus. Heute ist es die Hausnummer 20. Zu Zeiten der Aufnahme, die eines der üblichen "Kinder der Fotograf ist da, kommt alle an die Fenster!" - Motive ist, war es noch die 11. In dem 1912 erbauten Haus erkennt man links den Eingang zu einem kleinen Kolonialwarengeschäft. Geführt wurde dieses von Martha Weber, die wir möglicherweise in der Tür stehend sehen.
Gebaut wurde das abgebildete Haus vom Glasmacher Robert Weber. Das Haus nebenan gehörte seinem Bruder Richard Weber. Beide arbeiteten in der Glasfabrik der Gebrüder Seidensticker.
Senftenberg
Aufnahme <= 19??
Sammlung Kerstin Heinrich