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Emil Weissgärber Photograph Senftenberg L. Aufnahme = 25.03.1925 Museen OSL
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Senftenberger Anzeiger (1925)
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Isolde Rösler legt sich im Buch "Alt-Senftenberg - Eine Bilderchronik" bzgl. dieser Fotografie auf kein Datum fest. Sie wird ihre Gründe gehabt haben. Das Original
selbst trägt keinerlei Beschriftung, die auf ein konkretes Ereignis in der Geschichte der Katholischen Kirche in der Calauer Strasse verweist. Zudem ist die
dargestellte Szenerie einigermaßen unspezifisch.
Ich habe mich dennoch zu einem konkreten Datum hinreissen lassen, nämlich den 25. März 1925. Und das ich die Abbildung heute präsentiere kommt auch nicht
von ungefähr. Heute vor 90 Jahren wurde nämlich das Gotteshaus in der Form wie wir es heute noch kennen, eingeweiht. Der Tag fiel übrigens auch auf einen Mittwoch.
Der Senftenberger Anzeiger veröffentlichte sowohl im Vorfeld, wie auch in der Nachbereitung des denkwürdigen Ereignisses umfangreiche Artikel. Aus
diesem Fundus habe ich einen ausgewählt, da er einiges Wissenswertes über die Geschichte der katholischen Kirche in Senftenberg enthält:
Die katholische Kirche in Senftenberg
Nachdem im Jahre 1892 Kardinal Kopp für 27500 Mark
das der hiesigen katholischen Gemeinde gehörende
Grundstück gekauft hatte, war es die wichtigste
Sorge des ersten Pfarrers Kubis, ein Gotteshaus
zu errichten. Bis dahin war der Gottesdienst für
die damals freilich nur wenigen Katholiken in
verschiedenen Lokalen gehalten worden, so besonders
bei Baranius und in dem jetzigen Pfarrhause. Am
21. Dezember 1893 wurde die als Fachbauwerk ausgeführte
Kirche eingeweiht. Die Baukosten, 8300 Mark, hatte
wieder Kardinal Kopp getragen.
Da die Gemeinde ständig wuchs - 1905 zählte man
14000 Katholiken in derselben - so genügte die
neuerbaute Kapelle durchaus nicht den gestellten
Anforderungen. Zudem wurde sie im Laufe der Zeit
recht baufällig. Die inzwischen von der hiesigen
Pfarrei abgetrennten Gebiete Welzow, Räschen, Klettwitz
erbauten sich eigene Gotteshäuser, indes die Mutterkirche
Senftenberg in dieser Beziehung buchstäblich
stiefmütterlich behandelt wurde. Zwar bildete sich
ein Kirchbausammelverein, und es wurden auch sehr
schöne Summen durch Geschenke und Sammlungen
zusammengebracht. Doch da setzte die traurige Zeit
der Geldentwertung ein, und an einen Neubau war
nicht zu denken.
Aber auch hier sollte sich das alte Wort bewahrheiten:
"Wo die Not am höchsten, da ist Gott am nächsten." Der
bauliche Zustand der alten, einer Scheune ähnlichen
Kirche war derart, daß die Polizei bereits mit
Schließung drohte.
In dieser Not erboten sich Herr Kommerzienrat Schumann,
Generaldirektor der Ilse-Bergbau-Aktiengesellschaft,
im Verein mit Herrn Werhahn von der Grube Elisabethglück
nebst dem Direktor der Neuen Senftenberger Kohlenaktiengesellschaft,
Herrn Wünnenberg, die alte Kirche auf ihre Kosten zu
renovieren. Am 10. August 1923 wurde mit diesem
Werke begonnen und damit der erste mutig-entscheidende
Schritt getan. Im März 1924 war diese Renovation, die
sich freilich in der Hauptsache nur auf den Turm und
die Rückwand bezogen, indes das Mittelstück stehen
blieb, beendet, und konnten am 13. April 1924 die neu
beschafften drei Kirchenglocken eingeweiht werden.
Eine Reihe günstiger Umstände ermutigten den Kirchenvorstand,
das begonnene Werk zu vollenden, wobei es sich allerdings
als notwendig erwies, den neu gebauten Turm umzugestalten
und bis zu seiner jetzigen Höhe von etwa 40 Meter
hinaufzuführen. Es war in der schweren Zeit der eintretenden
Geldknappheit ein Wagestück, aber es hat zum Ziel geführt.
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Und gewagt konnte es werden auf Grund verschiedener
tatkräftiger Beihilfen. Kardinal Bertram bewilligte zum Zweck
des Baues eine Kollekte in der Diözese und spendete selber
3000 Mark, der Bonifaziusverein Breslau kam zu Hilfe mit
10000 Mark, die Anhalter Kohlenwerke bewilligten 40000
Mauersteine, die Ilse-Bergbau-Gesellschaft 30000 Verblender
und 25000 Dachziegel, die Niederlausitzer Kohlenwerke
100000 Steine, die Halle'sche Pfännerschaft Lieferung von
Eisenträgern.
Das Baugeschäft des Herrn Architekt Scholz hierselbst wurde
mit der Ausführung des Baues betraut, zu dem am 1. Juni
1924 der Grundstein gelegt wurde. Der gesamte Bau wird etwas
über 60000 Mark kosten. Die ungedeckte Restsumme wurde
durch eine Hypothek aufgebracht, deren Zinsendeckung die
Gemeinde selber mit bewunderungswürdiger Opferwilligkeit
durch Kirchensteuer trägt. Wenn man die ständige Steigerung
der Löhne und Materialien bedenkt und vergleichsweise den
kleineren Neubau der katholischen Kirche in Räschen mit
55000 Mark heranzieht, so staunt man über den verhältnismäßig
billigen Bau, der jetzt hier ausgeführt wurde.
Die neue Kirche ist etwa 36 Meter lang, 17 Meter breit,
das massive Tonnengewölbe hat eine Höhe von 12 Metern, der
Turm etwa 40 Meter. An der Ausführung des Baues waren folgende
beteiligt: Die oberste Bauleitung lag in den Händen des
Herrn Architekten Scholz, dem in unermüdlich treuer Arbeit
dessen Bauführer Herr Schönfeld und der Maurerpolier Herr
Roßbach zur Seite standen. Die Eingangstüren wurden geliefert
von Herrn Tischlermeister Graßhoff, die Klempnerarbeiten von
Herrn L.Rothe, die Turmbedachung und Blitzableiteranlage von
Herrn Sprenger, Firma Altmann Nachf., der Fußbodenbelag von
Herrn Kaiser hierselbst, die Glaserarbeiten von Herrn Raatz,
die Malereien an Bänken und Altären von Herrn Schönert, die
elektrische Beleuchtung von dem Gas- und Elektrizitätswerk.
Ausgeführt in romanischem Stil, steht der Bau da als eine
Zierde für die ganze Stadt; als neues Wahrzeichen Senftenbergs
ragt der Turm der katholischen Pfarrkirche über das Häusermeer
empor, weithin sichtbar.
Deshalb wird es sich auch die ganze Stadt nicht nehmen lassen,
an der am Mittwoch stattfindenden Weihe teilzunehmen.
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Besagte Weihe wurde in einem weiteren Zeitungsbeitrag des Senftenberger Anzeiger behandelt, den ich nur soweit zitieren möchte, als dass ich damit den Beweis erbringe,
oder zumindest die starke Vermutung äussere, dass obige Fotografie tatsächlich am 25. März 1925 angefertigt wurde. Die Unterstreichungen stammen von mir und sollen kenntlich
machen, auf welche Aussagen ich mich stütze.
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Das langgezogene Kupferdach des Turmes leuchtet weithin im Sonnenglanze und das neue Glockengeläut ist bereits seit längerer Zeit jeden Morgen und Abend in
weitem Umkreise vernehmbar. Die eintönige und düstere Kirchenmauer ist verschwunden und an ihrer Stelle ist ein moderner Lattenzaun getreten, der die Gesamtfront
der schönen Kirche so recht zur Geltung kommen läßt. Einen geradezu imposanten Anblick macht der Vorplatz in den jetzigen Tagen. Von Herrn Gärtnereibesitzer
Schmidt ist über dem Haupteingang eine geschmackvolle Ehrenpforte aus Tannengrün, die mit Tüchern in den Kirchenfarben blau, gelb, weiß durchwirkt ist, errichtet
worden. Von hier aus ziehen sich, durch weiße Pfeiler gestützt, in weiten Bogen grüne Guirlanden zu den drei Eingängen der Kirche. Zwischen den Pfeilern sind
Lorbeerbäume und Palmen aufgestellt.
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Das zweite Exemplar für heute, eine Ansichtskarte, die uns die Katholische Kirche in
Form einer Zeichnung präsentiert, wurde zwischen 1925 und 1927 produziert. Die Darstellung
selbst enthält übrigens einen sachlichen Fehler. Wer schon eine Weile bei www.gruss-aus-senftenberg.de
dabei ist, der erkennt ihn auch in wenigen Augenblicken. Für alle anderen verrate ich es:
es sind die Uhrzeiger! Die Kirche erhielt erst 1937, also 12 Jahre nach der "Inbetriebnahme",
ein Uhrwerk. Alle Motive, die die Zifferblätter ohne Zeiger abbilden, sind also automatisch
vor 1937 einzuordnen. Es sei denn, der Künstler nahm sich die Freiheit, der Geschichte
etwas vorzugreifen.
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Aufnahme <= 1927 Museen OSL
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Verlag Max Zibell, Kunstanstalt, Berlin N.58, Danzigerstr. 93 6582 95 509K Aufnahme <= 1925 Sammlung Irene Uhlmann
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Paul Kostrau, Photograph, Sauo b. Senftenberg N/L. Aufnahme <= 1931 Sammlung Irene Uhlmann
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Verlag Max Zibell, Kunstanstalt, Berlin N.58, Danzigerstr. 93 6585 95 509F Aufnahme <= 1925 Sammlung Matthias Gleisner
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Aus heutiger Sicht kann man sich nur wundern, wie viele Ansichtskarten mit Motiven aus Sauo existier(t)en. Der vergleichsweise kleine Ort nördlich Senftenbergs
hatte in seinen besten Zeiten gerade einmal knapp 1.700 Einwohner. Welcher Ort dieser Größe verlegt heutzutage überhaupt noch Ansichtskarten? Kurorte einmal ausgenommen.
Fairerweise muss man natürlich zugeben, dass die vorzeigbaren Ecken des Dorfes dann doch ziemlich gering waren. Deshalb finden wir auf der Mehrzahl der Produktionen immer
wiederkehrende Ansichten. Da bilden auch die zwei farbigen Exemplare von heute keine Ausnahme. Beide Motive sind bereits von zweifarbigen Varianten oder Mehrbildkarten bekannt.
Mit der mittleren Mehrbildkarte kann ich jedoch einen echten Neuzugang präsentieren. Gleichzeitig ist damit vorerst der Ausstoss an Sauoer Motiven auf www.gruss-aus-senftenberg.de
zum Erliegen gekommen... auf meiner Wunschliste befindet sich aber noch eine stattliche Anzahl von Motiven, derer ich bislang noch nicht
habhaft werden konnte. Das Ende der Fahnenstange ist also noch lange nicht erreicht.
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