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Älteres


Senftenberg
A.Kempa
Aufnahme <= 1913
Sammlung Theodor Restel

Tja, womit haben wir es nun hier zu tun? Eine Fotopostkarte, die im November 1913 Senftenberg verließ. Geschrieben von Alfred Kempa, welcher offensichtlich auch für die Aufnahme an sich verantwortlich zeichnete. So deute ich zumindest das bildseitige "A.Kempa". Leider geht der Absender im Kartentext nicht darauf ein, was er mit der ganzen Szenerie zu tun hat. Glücklicherweise vermerkte er aber bildseitig Transport eines Filterkessels zum Wasserwerk Buchwalde mit 12 Pferden, womit das Stück doch schon eine höhere Relevanz für uns bekommt als irgendein 0815-Fuhrwerk.
Wo die Aufnahme entstand ist unklar. Ob es, wie von mir vermutet, irgendwo auf dem Weg vom Senftenberger Bahnhof hinaus zum Buchwalder Wasserwerk war, ist genauso fraglich, wie ein konkreter Termin. Der Senftenberger Anzeiger berichtete über kein derartiges Ereignis. Und ein solches war es in gewisser Weise ja schon, betrachtet man den Fahnenschmuck und die Schaulustigen am Wegesrande.

Die Wasserreinigungsanlage, zu welcher der hier antransportierte Filterkessel gehörte, umfaßte insgesamt 8 derartige Einrichtungen. 4 Vorfilter und 4 Nachfilter. Auskunft darüber gibt die nachfolgende schematische Darstellung, sowie ein Foto aus dem Inneren der Anlage...

Die Illustrationen stammen aus der Chronik Die Niederlausitzer Wasserwerksgesellschaft m.b.H. zu Senftenberg (Lausitz) und ihre Wasserwerke. Im selben Werk findet sich auch eine schematische Darstellung, sowie eine kleine Abhandlung über die Wirkungsweise der so durchgeführten Wasserreinigung. Ein Fest für Technikbegeisterte!

 Die Wasserreinigungsanlage hat die Aufgabe, das im Wasser vorhandene Eisen (5,3 mg), Mangan (1,5 bis 2 mg), freie Kohlensäure (43 mg) und Schwefelsäure auszuscheiden. Die Entfernung des im Wasser als Eisenoxyd vorhandenen Eisens durch Lüftung und darauffolgende Oxydation ist bei dem Umstande, daß auch ein großer Teil des Eisens teilweise koloidal an organische Substanzen gebunden ist, mit großen Schwierigkeiten verknüpft. Die Beschaffenheit des Wassers und das Bestreben, dauernd hygienisch einwandfreies Wasser abgeben zu können, hat langandauernde kostspielige Wasserreinigungsversuche verschiedener Systeme zur Folge gehabt. Gewählt wurde eine geschlossene Wasserreinigungsanlage, die mit einem Permutitfilter ausgerüstet ist. Die Anlage (siehe beiliegendes Schema) besteht aus vier Filteraggregaten (ein Vorfilter parallel arbeitend mit einem Nachfilter), die zusammen eine Leistungsfähigkeit von 280 cbm pro Stunde besitzen. Die Filter haben 3 m Durchmesser, eine Höhe von 5,3 m bei einem Betriebsgewicht von 72 t pro Filter.
 Die Reinigungsanlage hat die Aufgabe, die im Rohwasser befindlichen schädlichen Bestandteile systematisch nacheinander zu entfernen. Durch ausgiebige Belüftung wird zuerst so viel wie möglich das im Wasser befindliche leicht ausfällbare Eisen, das nicht an organische Substanzen gebunden ist, zur Ausscheidung gebracht. Durch Einfügung eines Marmorfilters, wird die im Wasser befindliche freie Kohlensäure gebunden, und die im Wasser vorhandenen organischen Substanzen werden durch nachfolgenden Zusatz von Kaliumpermanganat zum Teil oxydiert. Das Wasser geht dann durch einen Kiesfilter, in dem das noch darin befindliche Eisen sich abscheidet, alsdann zur Ausscheidung des Mangans durch einen Manganpermutitfilter. Eine weitere Nachfiltration des Wassers über Kies reinigt dieses noch von eventuell darin befindlichem Eisen.

Eine dazwischen geschaltete Evakuierungsanlage beseitigt die im Wasser befindliche überschüssige Luft und den Schwefelwasserstoff. Für die Erzeugung der Druckluft und des Vakuums sind in einem besonderen Raum zwei Kompressoren aufgestellt, die je von einem Elektromotor angetrieben werden, wobei ein Maschinenaggregat als Reserve dient. Die Reinigung der Filter erfolgt mittelst Luftspülung durch einen besonderen Spülkompressor. Das durch die Reinigungsanlage gewonnene Wasser ist farblos und geruchlos, frei von Schwefelwasserstoff und enthält im Liter Reinwasser unter 0,1 mg Eisen, Mangan in Spuren, freie Kohlensäure 5 bis 6 mg, Luft 1 ccm.
 Die Beschaffenheit des an die einzelnen Gemeinden abgegebenen Wassers ist von der Königlichen Landesanstalt für Wasserhygiene, Berlin-Dahlem, einer eingehenden Untersuchung unterzogen worden. An verschiedenen Zapfstellen des Wasserversorgungsgebietes sind Wasserproben entnommen worden. In dem Gutachten wird betont, daß auf Grund der Befunde und unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse gesundheitliche Bedenken gegen die Verwendung des Wassers zur Speisung einer Zentralwasserversorgung nicht zu erheben sind. In bakteriologischer Hinsicht wird gesagt, daß die Keimzahlen bei allen entnommenen Proben zeigen, daß durch die Behandlung des Wassers eine weitgehende und praktische, ausreichende Enteisenung, Entmanganung und Entfernung der organischen Stoffe erzielt wird. Auch eine wesentliche Verminderung der freien Kohlensäure im Rreinwasser hat stattgefunden. Durch die Marmorbehandlung ist die Karbonathärte von 2,2 auf 4,8 deutsche Grade gestiegen, was bei der sehr geringen Härte des zur Verfügung stehenden Grundwassers nur als vorteilhaft zu bezeichnen ist.


Das Jahr 2016 beginnt für gruss-aus-senftenberg.de sehr gut. Bei meinem diesjährigen Antrittsbesuch im Senftenberger Museum konnten mit Hilfe der dortigen Beschäftigten einige interessante Bild- und Textmaterialien ausgegraben werden, die zukünftig hier Verwendung finden werden. Das Schöne an meinen Museumsarchivbesuchen ist, daß ich immer wieder etwas Neues finde, wobei man natürlich auch erwähnen muß, daß ich mein Augenmerk mittlerweile nicht mehr ausschließlich auf Ansichtskarten lege wie zu Beginn des Projektes. Aber man höre und staune, ich habe auch wieder neue Ansichtskarten in den Museumsbeständen gefunden!
Bei der letzten Aktion wurden aber auch zwei Bände (Nr.24 & Nr.27) des verschollenen Bildarchivs der Stadt Senftenberg lokalisiert...

Die Existenz dieses Archivs, die Beweggründe seiner Anlage, sowie einen Blick auf ein gefülltes Regal werden uns im Heimatbuch des Kreises Calau von 1939 präsentiert. Auf dem Foto erkennt man knapp 50 Ordner, die wahrscheinlich auch allesamt gefüllt waren. Möglicherweise kamen in den Jahren nach Erscheinen des Heimatbuches weitere hinzu. Ob es genau die von mir rot eingerahmten Bände waren, die wir vor kurzem aus der Vergessenheit wieder ans Licht befördert haben?
Betrachtet man den Inhalt der beiden vorliegenden Bände dann dämpft dieser die erste Euphorie etwas. Wer auf jede Menge marschierender und fahnenschwenkender Mitglieder diverser nationalsozialistischer Organisationen steht, der wird hier gut bedient. Mangelware sind leider Aufnahmen, die wenigstens teilweise die damaligen baulichen Gegebenheiten Senftenbergs zeigen. Die inhaltliche Ausrichtung des gesamten Bildarchivs ist höchstwahrscheinlich auch der Grund dafür, daß der allergrößte Teil des Materials heutzutage verschwunden ist und möglicherweise schon kurz nach Kriegsende vernichtet wurde.
Nichtsdestotrotz bekam ich bei verschiedenen Gelegenheiten Material in die Hand, welches ich diesem Bildarchiv zugehörig halte. Dieses dabei jedoch aus dem Kontext gerissen und ohne die Ordner.
Alles in allem ein schöner Zufallsfund, der aber wahrscheinlich nur in Ausnahmefällen hier auf www.gruss-aus-senftenberg.de eine Rolle spielen wird. Für die Aufarbeitung von Senftenbergs Entwicklung in der Zeit des Dritten Reiches (die auch irgendwann irgendwer einmal angehen müßte) stellt das Material aber eine gute bildliche Untermalung dar. Besser als nichts!

Und weiter geht es mit den freudigen Botschaften. Von Anbeginn meines Projektes dümpelte nebenstehendes Motiv auf meiner Wunschliste dahin. Dies kann heute endlich von dort getilgt werden, denn ein Exemplar tauchte jüngst in meinem Dunstkreis auf. Man darf halt die Hoffnung niemals aufgeben!
Das Motiv ist für professionelle Ansichtskarten rar, aber auch nicht ultra-rar. Immerhin erschien dieser Blick in die Krankenhausstraße schon einmal in einem der Forkert-Bücher. Mit abgedecktem "Gruß aus", abfotografiert und im Briefmarkenformat.
Nun also auch in diesem Theater! Das aktuelle Original ist in keinem guten Zustand, aber bereits bei der Produktion muß einiges schief gelaufen sein. Man kann klar erkennen, daß an mehreren Stellen nachgeholfen wurde. Für mich eine klassische "Verschlimmbesserung". Da sind wir von Robert Lehmann eigentlich besseres gewohnt. Ich habe all meine Künste zusammengenommen, um aus der Vorlage etwas zu produzieren, mit dem ich recht zufrieden sein kann.
Mein thematisches Augenmerk möchte ich auf das Geschäft links legen. In der Vergrößerung und wenn man weiß, wonach man suchen muß, erkennt man den Namen des Inhabers über der Ladentür... Adolf Cottlow.
Ich bin nicht genau im Bilde, wie viele Bäcker Senftenberg damals hatte: Es waren jedenfalls eine Menge! Cottlow war also nur einer unter vielen. Sein Geschäft eröffnete er an dieser Stelle im Oktober 1904.

Senftenberger Anzeiger (1904)
Senftenberg
Photogr. u. Verlag v.
Rob. Lehmann, Thamm-Senftenberg
92
Aufnahme <= 1912
Digitale Sammlung Norbert Jurk
Irgendwann nach 1914 verlagerte er seine Geschäftsräume in die Calauer Straße 2, wobei er wohl die Backstube von Reinhold Richter übernahm, der zuvor an dieser Stelle Backwaren an den Mann und die Frau brachte. Von dieser Zeit zeugt nebenstehendes Foto. Wir sehen hierauf jedoch nicht Adolf Cottlow, sondern einen jungen Paul Förster, der einige Zeit nach dieser Aufnahme seine eigene Bäckerei in Senftenberg 2 eröffnen sollte.
Laut Angaben der Familie, stammt das Bild aus dem Jahr 1919, was in der Tat auch das Maximum darstellen dürfte, denn Adolf Cottlow starb 68-jährig im Juli diesen Jahres. Er befand sich auf der Reise nach Weinböhla und als er in Großenhain umstieg, machte ein Herzschlag seinem Leben ein Ende wußte der Senftenberger Anzeiger zu berichten. Cottlows Frau, so erfahren wir weiterhin, segnete schon einige Monate zuvor das Zeitliche. Wir können also davon ausgehen, daß dies auch das Ende von Cottlow's Bäckerei, so wie es an der Schaufensterscheibe geschrieben stand, darstellte.

Bemerkenswert finde ich hier zum wiederholten Male folgendes: Fast immer, wenn Bäcker auf irgendeinem Foto abgebildet sind, dann tragen sie Latschen. Anscheinend war das die Standardfußbekleidung dieses Handwerks.
Was kaum einer weiß, aber in meinen Adern fließt ja auch ein wenig Bäckerblut.
Mein Urgroßvater mütterlicherseits erlernte nämlich von 1914-1917 das Bäckerhandwerk. Mit Erreichen des 18. Lebensjahres wurde er zum Militär eingezogen und für die verbleibenden Kriegsmonate an die Ostfront kommandiert. Außer einem Durchschuß der linken Hand kam er von dort unversehrt zurück. Die aus der Verletzung resultierende lebenslange Behinderung verhinderte die Rückkehr in den Bäckerberuf. Stattdessen arbeitete mein Urgroßvater fortan als Gärtner für die Anhaltischen Kohlenwerke und deren sozialistische Nachfolgebetriebe. Positiver Nebeneffekt der Behinderung: vollständig wehruntauglich!
Weder das Bäcker- noch das Gärtner-Gen hat sich bei mir durchgesetzt.

Wir sehen meinen Uropa auf nachfolgendem Foto in seiner Berufsbekleidung mit vielleicht 17 Jahren. Man beachte die Tuchlatschen! Darunter sein Lehrbrief mit den Unterschriften zweier wohlbekannter Senftenberger Namen.

Senftenberg
Aufnahme <= 1919
Sammlung Familie Wittkowski