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Senftenberg, 29. September (Egs.) Aus Calau erhielten
wir folgendes "Eingesandt": Zur Erledigung wichtiger
Geschäfte führte uns der Zug kürzlich nach der gastlichen
Stadt Senftenberg. Nach Erledigung unserer Arbeiten
ging es daran, Lokalkenntnisse zu sammeln. Durch Inserate
im "Senftenberger Anzeiger" waren wir vorher unterrichtet
worden, daß speziell in der Stadt Senftenberg an Vergnügungen
und sonstiger Unterhaltung kein Mangel sein soll. Man
braucht auch ferner, selbst in der heißesten Jahreszeit
nicht befürchten, verdursten zu müssen, denn es sorgen
eine ganze Anzahl der liebenswürdigsten Wirte dafür,
einen sehr guten Gerstensaft erhalten zu können. Unser
Weg führte uns dann u.a. auch nack Carl Domaschke's Restaurant,
wo wir unsere Erwartungen weit übertroffen fanden. "Tip top",
sagt der Berliner, dann die Beleuchtungsanlage "großartig" -
und die Musik? Hier war man wirklich fast sprachlos, was
Künstler aus den einzelnen Instrumenten hervorzuzaubern
vermögen. Immer wieder konnte man dem Salon-Quartett des
Herrn Fr. Stegemann lasuchen und nur der letzte Zug konnte
uns bestimmen, von der gastlichen Stätte zu weichen. Es war
so schön und so ein genuß, daß bei solchen Darbietungen
Jedermann von Nah und Fern nur die Bestrebung haben sollte,
das Gute zu unterstützen und die Mühen des Wirtes durch
zahlreichen Besuch zu belohnen.
16827 Orig. Aufnahme v. E.Hornuff, Dresden 18 Aufnahme <= 1914 Sammlung Theodor Restel
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Nachdem wir uns in der Vorwoche zeitlich so zwischen 1912
und 1914 in Buchwalde herumgetrieben haben, möchte ich
heute in dieser Zeit verweilen, habe mich aber örtlich
zurück in das Kerngebiet von Senftenberg begeben.
Der links wiedergegebene Text aus dem Senftenberger Anzeiger
des Jahres 1913 ist ein schöne Einstimmung auf das aktuelle
Thema, das nach eigenem Bekunden älteste Konzerthaus am
Platze - Carl Domaschke's Restaurant in der Kreuzstrasse 8.
Das mit dem "ältesten Konzerthaus am Platze" bezweifele ich,
es sei denn man definiert "Platz", als im Umkreis von 30 Metern!
Mir fallen da spontan mindestens 5 Etablissements ein, die schon
lange Zeit vorher nicht nur irgendwelche Spelunken waren, sondern
die Gäste auch mit Musik, Theater, Tanz und Kabarett unterhielten.
Vielleicht bezog Carl Domaschke in seine Eigenwerbung aber auch
die Zeit vor der Übernahme des Hauses durch ihn ein?
Verlag Emil Weißgärber, Photograph, Senftenberg, L. Aufnahme <= 1914 Sammlung Fred Förster
Sicher ist, daß Domaschke das frühere Meinhardt'sche Restaurant
erst im Herbst des Jahres 1908 übernahm und zu diesem Zeitpunkt
noch nicht ganz klar war, wo die Reise bezüglich des Kulturprogramms
hingehen würde.
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Tatsächlich dauerte es weitere 2 Jahre, bis Domaschke diesbezüglich in Erscheinung trat.
Dies hat mit Sicherheit mit folgender Meldung vom November 1910 zu tun...
Senftenberg, 19.November. Herr Restaurateur Domaschke hierselbst hat seine Lokalitäten
durch neubau ganz bedeutend vergrößert und dadurch neue angenehme Räume auch für Familien-
Aufenthalt geschaffen. Die innere Ausstattung ist nach modernstem Stil angefertigt und
alles mit elektrischem Licht versehen, zu dem eine eigene Anlage die Kraft liefert. Zur
Unterhaltung dient ein elektrisch betriebenes Pianino, welches Kompositionen berühmter
Meister etc. künstlerisch, naturgetreu wiedergibt. Aus Küche und Keller wird der Wirt
stets das Beste bieten. Die Einweihung dieser Räume findet später statt. Wir sind
gebeten worden, dies der Oeffentlichkeit mitzuteilen.
Senftenberger Anzeiger (1910)
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Senftenberger Anzeiger (1908)
Beginnend 1911 entwicklete sich Domaschke's Restaurant mehr und mehr zu einer angesagten
Adresse für allerlei Unterhaltung. Vor allen Dingen auf dem Gebiet der Komik und des
Humors versuchte man beim Senftenberger Publikum zu punkten. Darbietungen zahlreicher
Künstler dieses Genres wurden zumeist unter Einbeziehung musikalischer Unterstützung in
Szene gesetzt. Spätestens 1913 hatte man vollständig zur Konkurenz (z.B. SansSouci, Baranius,
Schützenhaus) aufgeschlossen, was sich unter anderem an einer hohen Frequenz von Inseraten
und "lobenden Erwähnungen" in der Lokalpresse bemerkbar machte.
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Was uns dann auch irgendwie in die Entstehungszeit der beiden heutigen Ansichtskarten bringt... Von der Sache her, handelt es sich fast um das gleiche Bildmaterial.
Aber eben nur fast. Das linke Stück, welches ich von der Produktion her als die Ur-Version einstufe, wartet mit einer alternativen Innenansicht auf, die deswegen halbwegs
besonders ist, weil ich sie bislang nicht kannte. Von dem rechten Stück, welches in dieser Form bekannter sein dürfte, gibt es noch mindestens eine, nämlich eine colorierte,
Fassung und möglicherweise auch noch eine weitere zweifarbige Abart. Der Herr mit Schnurrbart, der auf fast allen Einzelbildern zu sehen ist, dürfte mit hoher Sicherheit
Carl Domaschke höchstpersönlich sein. Seine Ehefrau immer im Schlepptau.
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