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Waren wir in der Vorwoche ziemlich "investigativ" unterwegs, folgt in dieser Woche ein Abstecher in allseits vertrautes Terrain. Obwohl...
hintenraus betreten wir dann doch wieder Neuland.
Bei der Suche nach Material für das Thema der Woche fiel mir unter anderem die Festschrift 100 Jahre Schulgeschichte in Senftenberg - 1899 1. Volksschule - 1999 Realschule
in die Hände. Die Chronik selbst halte ich jetzt nicht für das Non-Plus-Ultra aber immerhin kann man darin in geballter Form Informationen zur
Schule 1 finden, die man sonst mühsam zusammentragen müsste. Dabei fand ich Angaben, die ich so nicht auf dem Schirm hatte und die
für eine bessere Datierung von Ansichtskartenmotiven oder Fotos hilfreich sind. Dies schlägt sich auch gleich in Form zweier "Updates" nieder
(siehe ganz unten).
Thür. Volksverlag, Weimar Liz.-Nr. 313 Best.-Nr. St 1/496 V/11/28 - Zc 85 - 2,5 - 1251 Echte Fotografie Aufnahme <= 1953 Sammlung Erika Fischer
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Graph. Verl. Anstalt GmbH, Breslau 10839 Aufnahme <= 1919 Sammlung Matthias Gleisner
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7307 Verlag: G.R. Ziethe, Senftenberg Aufnahme <= 1907 Sammlung Matthias Gleisner
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Links beginnend, bewegen wir uns schrittweise immer weiter in die Vergangenheit. Das linke Exemplar ist zweifellos eine Nachkriegsproduktion. Das Stück
ist zwar ungelaufen aber anhand der Zahlenkolonne auf der Rückseite, die wir so auch schon auf anderen Motiven gesehen haben, taxiere ich die Aufnahme
auf <= 1953 ein, wahrscheinlich war es sogar 1951. Das zweite Stück, eine sehr schön nachcolorierte Fassung, einer schon seit langem bekannten Ansichtskarte
stellt das Schulgebäude zwischen den Jahren 1914 und 1919 dar. Das ist deshalb so sicher, weil hier bereits der aufgestockte Mittelteil zu sehen ist.
Dieser fehlt auf der Ansichtskarte ganz rechts, die die Schule vor oder in 1907 zeigt.
Die AUfstockung wurde im Jahre 1914 durchgeführt, um den Mangel an speziellen Zeichensälen an Senftenberger Schulen Abhilfe zu schaffen. Bereits vor Errichtung der
Schule, hatte man diese Erweiterungsmöglichkeit eingeplant: "Bei dem Bau soll darauf Bedacht genommen werden, daß später eventuell auch auf das Mittelgebäude
noch ein dritter Stock aufgesetzt werden kann." berichtete der Senftenberger Anzeiger aus einer Beratung zum Schulhausneubau Ende November 1897.
Gut 16 Jahre später, Anfang März 1914, erfuhr man aus einer Stadtverordnetenversammlung, daß der Magistrat ein Projekt in Auftrag gegeben hat, die Umwandlung
des Dachgeschosses in einen Zeichensaal vorzunehmen. Die Umbaukosten wurden auf 10.000 Mark beziffert. Da war man wohl etwas optimistisch, denn tatsächlich wurden
im Juni 1914 folgende Bauleistungen vergeben:
- Erd-, Maurer- und Zimmerer-Arbeiten - Bauunternehmen Sander & Elert - 12.880,55 Mark
- Lieferung von Trägern - Firma F.E. Sprengel - 1271 Mark
- Malerarbeiten - Malermeister Kunau - 1339,34 Mark
- Glaserarbeiten - Glasermeister Brattke - 236,25 Mark
- Tischlerarbeiten - Tischlermeister Platta - 1494 Mark
Mehr als 7.000 Mark über Plan!
Die Bauarbeiten erfolgten während der Sommerferien, die im Jahre 1914 mit dem Beginn des 1. Weltkrieges zusammenfielen. Deshalb konnte man nachfolgend in der
Lokalpresse nur wenig über den Fortgang und den Abschluß der Arbeiten lesen. Stattdessen nahm die Mobilmachung in Deutschland große Teile der Berichterstattung
ein. Ich gehe jedoch davon aus, daß am 4. August, dem Tag an dem der Schulunterricht wieder aufgenommen wurde, alles soweit fertiggestellt war.
Insofern bildet der August 1914 eine fixe Grenze für die Datierung von Fotos. Alles was den 3. Stock im Mittelteil nicht zeigt, muß demnach davor aufgenommen
worden sein, Aufnahmen nach August 1914 müssen zwangsläufig den 3. Stock aufweisen.
Die Nutzung des Gebäudes als Schule begann mit deren Einweihung am 1. September 1899. Ab 2004, also gut einhundert Jahre später, vernahm man keine Schulklingel
mehr in dem alten Gemäuer. In der Folgezeit wurden verschiedene Varianten einer Nachnutzung diskutiert und wieder verworfen. Ende vorigen Jahres wurde bekannt
gegeben, daß das Gebäude an ein Schweizer Ehepaar verkauft wurde. Die Erwerber planen, darin ein Hotel zu etablieren. Ich bin da vorsichtig optimistisch,
daß das Vorhaben gelingt. Wünschenswert ist es in jedem Fall.
Vielleicht findet man ja bei bei den zwangsläufig notwendigen Bauarbeiten die anläßlich der Grundsteinlegung am 30.Juni 1898 versenkte Kartusche. Diese müßte nämlich
... eine Denkschrift des Herrn Bürgermeister und eine solche des Herrn Rector Winter, ferner einige Ansichtskarten von Senftenberg und den Etablissements,
sowie ein Stadt-Statut und das neueste Adreßbuch Senftenbergs mit der Geschichte des Ortes enthalten. Also sicherlich Material, welches die Senftenberger
Heimatforschung voranbringen könnte.
Aufgrund der Tatsache, daß das Schulgebäude immer noch an Ort und Stelle steht haben wir eigentlich wenig Defizite bildlicher Art. Wer erinnert sich aber (noch)
daran, wie es auf der gegenüberliegenden Seite der Schlesischen Straße, also vis-a-vis der Schule aussah?
Ich für meinen Teil kann da nur sagen: Keine Ahnung! Null Erinnerung! Bildliche Hinterlassenschaften sind rar und zumeist ziemlich unscharf.
Sammlung Renate Handschak
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Archiv der Stadt Senftenberg
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Um so höher muß man wohl rechts abgebildete Fotopostkarte bewerten, die mich auf sehr
verschlungenen Wegen vor ein paar Wochen erreichte. Ohne die zugehörige "Tonspur",
also die damit verbundene Geschichte, wäre ich im Leben nicht darauf gekommen, daß wir
hier das Haus Schlesische Straße 2 sehen, in welchem übrigens der Lehrer Richard Broska
wohnte, der somit einen kurzen Arbeitsweg hatte.
Witzig an dem Telefonat mit dessen Tochter, Jutta Tränkner, war, daß sie immer von der
Schlesischen Straße 4 sprach und ich von der 2. Denn letztere sieht man
relativ deutlich über der Hauseingangstür. Recht hatten wir beide denn zwischen 1934
und 1937 fand eine Umnummerierung von Häusern der Schlesischen Straße statt.
Im Einwohnerbuch 1934 wird das Haus noch unter der 2 geführt während es im Einwohnerbuch
1937 nunmehr als 4 gelistet ist. Warum man aus der ehemaligen Schulstraße 6 die Schlesische
Straße 2 machte?
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Aufnahme <= 1937 Sammlung Dora Engelmann (Jutta Tränkner)
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