Aufnahme <= 1965 Archiv der Stadt Senftenberg
Im November 1962 meldete die "Senftenberger Zeitung", daß die Kaufhalle
im neuen Wohngebiet ... im Rohbau errichtet ist. Gemeint war natürlich
die "erste Kaufhalle auf Senftenberger Boden" in der Bertolt-Brecht-Straße,
die den zukünftigen Bewohnern der Senftenberger Neustadt kurze Wege zur
Besorgung von Waren des täglichen Bedarfes bieten sollte.
Mitte des folgenden Jahres wurde die Versorgungseinrichtung, für die die DDR übrigens 610.000
DM zur Verfügung stellte, baulich abgeschlossen und seiner Bestimmung übergeben.
Anfangs sorgten 14 Verkäuferinnen allein in der Lebensmittelabteilung, die sich
im Parterre des Zweigeschossers befand, für die Bestückung der Regale und das
Abkassieren der durchaus zufriedenen Kundschaft.
Insgesamt stand eine Verkaufsfläche von 371 m² zur Verfügung, die wie bereits
angedeutet, auf zwei Etagen verteilt war. Im ersten Stock gab es Haushaltswaren,
Spielzeug, "Schnittwaren" und Textilien. Später zog sogar eine Filiale
der Deutschen Post dort ein.
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Aufnahme <= 1965 Archiv der Stadt Senftenberg
Die beiden obigen digitalsierten Dias stellen die mir aktuell
vorliegenden frühesten Aufnahmen der Kaufhalle dar. Mit dem Zusatz
"qualitativ hochwertig". Ich muß außerdem hinzufügen, daß die linke Aufnahme
klar sichtbar nicht auf die Kaufhalle, sondern den Neubaublock daneben abzielt.
Beide Fotos wurden bei ein und derselben Aktion gemacht. Sie lassen sich fast
nahtlos zusammenfügen, wobei man aber im vorderen Bereich hinsichtlich der Bepflanzung
etwas kreativ werden müsste.
Ich takte die Aufnahmen derzeit in <= 1965 ein, tendiere jedoch insgeheim zu 1964.
Die von mir erschlossenen Farbdias (ca. 90 Stück) lassen sich nach meiner Einschätzung
in zwei Gruppen einteilen, wobei eine Gruppe starke Tendenzen in Richtung 1964 hat.
Die beiden Aufnahmen oben ordne ich in diese Gruppe ein.
Ganz im Gegensatz zum folgenden Dia...
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Bauliche Veränderungen, besonders im Umfeld, zeichnen die vierte Aufnahme für heute aus. Zeitlich ist
diese in 1969/70 einzuordnen. In den Schaufenstern nimmt man Bezug auf den 20. Geburtstag der DDR
(7.10.1969). Das bedeutet, daß das Foto bereits im Vorfeld jenes Ereignisses gemacht worden sein dürfte.
Es ist jedoch nicht auszuschließen, daß der Propaganda-Aushang auch noch bis ins nächste Jahr dort
hing.
Was die angedeuteten baulichen Veränderungen angeht, lassen sich diese im direkten Vergleich mit dem
Farbdia darüber ganz gut herausstellen: Die Kaufhalle selbst bekam im hinteren Bereich einen "Käfig".
Vermutlich wurde dort Leergut gelagert. Große Pflanzschalen wurden in direkter Nachbarschaft aufgestellt
und die Grünanlage rechts vorn erhielt, wahrscheinlich zur Abwehr von "Rasenlatschern", eine kniehohe Barriere.
Gegebenenfalls lässt sich anhand derartiger Details zukünftig eine bessere Datierung des Farbdias erreichen.
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Aufnahme <= 1968 Archiv der Stadt Senftenberg
... , das ich in 1968 eintakte.
Wie man auf dem Faksimile aus der "Lausitzer Rundschau" vom September 1963
erkennen kann: der beleuchtete Schriftzug Kaufhalle war nicht von
Beginn an vorhanden. Das "Schlangestehen" hingegen schon!
Aufnahme <= 1970 Sammlung Matthias Gleisner
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Die im Volksmund "Brecht-Kaufhalle" genannte Verkaufseinrichtung bildete nur den Anfang für eine ganze Reihe weiterer sozialistischer
"Konsumtempel" in Senftenberg, die ganz im Gegensatz zu heute, zu den Menschen gebracht wurden. Also in Wohngebieten platziert
wurden, um den berufstätigen Bürgern kurze Wege und Zeiten zu ermöglichen. So etwas ist ja mittlerweile vollkommen aus der Mode geraten.
Heute brauchen die Bewohner der diversen Wohngebiete Senftenbergs schon einen fahrbaren Untersatz, um an Dinge des täglichen Bedarfs
zu gelangen. Die Zeiten von "Brecht"-, "Stumpf", "See"-, sowie "Süd"-Kaufhalle sind genauso vorbei, wie die vergleichsweise kurze Lebensdauer
der Kaufhalle, die einst neben der alten Feuerwache errichtet wurde. Fast alle Hüllen der ehemaligen Kaufhallen existieren zwar noch,
werden heute aber nicht mehr im ursprünglichen Sinne genutzt. Während eine Kaufhalle zu einem Autohaus umfunktioniert wurde, ging die
See-Kaufhalle vor einiger Zeit "außer Dienst", Die Stumpf-, wie auch die Brecht-Kaufhalle verfallen vor sich hin.
Im Falle der ehemaligen Kaufhalle in der Bertolt-Brecht-Straße begann der Niedergang wie üblich nach der Wende. Bot anfangs noch ein SPAR vergleichsweise
gehobene Verkaufskultur ging es später sukzessive bergab. Bis dann irgendwann auch noch der letzte "Schnäppchenmarkt" die Segel strich.
2016 erwarb die Senftenberger Wohnungsbaugenossenschaft über ihre Tochterfirma "Fleißighaus" die Immobilie. Ende 2019 konkretisierte sich
das Interesse eines zukünftigen Mieters, im ersten Halbjahr 2020 sollte ein Konzept erarbeitet werden. Dann kam Corona dazwischen und
eine Nutzung des Gebäudes rückte ein weiteres Mal in die Ferne. Der aktuelle Eigentümer betrachtet das Ganze (immer noch) als "Zukunftsprojekt"
auch wenn derzeit nicht viel mehr als laufende Unterhaltung und die Beseitigung von Randaleschäden auf dem Plan steht.
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