Wenn der Lichterglanz der Weihnachtskerzen wieder
vergessen ist, beginnt die Zeit der zahlreichen
Wintervergnügen, die eine bunte Mannigfaltigkeit
aufweisen. Aber auch in der Lausitz bekommen diese
Vergnügen von Lichtmeß ab eine besondere Note.
Lichtmeß fällt auf den 2. Februar und ist eigentlich
ein katholischer Feiertag. (Mariä Lichtmeß). An
diesem Tage werden in den Katholischen Kirchen die
Kerzen (Lichte) für das ganze Jahr geweiht. Aber
auch der nichtkatholische Bauer legt Lichtmeß eine
besondere Bedeutung bei. Das geht auch aus den
zahlreichen Bauernregeln hervor, von denen hier
nur zwei genannt sein sollen: "Lichtmeß hell und
klar, bringt ein gut Frucht und Hirsejahr." Oder
"Lichtmeß sieht der Bauer lieber den Wolf kommen,
als die Sonne scheinen."
Für unsere ländliche Bevölkerung aber ist Lichtmeß
das Zeichen zum Beginn der Fastnachtsfeiern. Der
Begriff Fastnacht hat im Laufe der Zeit einen
Bedeutungswandel erfahren. Die "Fastnacht" war
ursprünglich die Nacht vor dem Aschermittwoch, die
mit Gelagen und ausgelassener Fröhlichkeit gefeiert
wurde; denn nun begann ja die Fastenzeit. Etwa
gleichbedeutend mit der Bezeichnung "Fastnacht", ist
"Fasching" oder "Karneval". Auch diese Begriffe
haben einen Bedeutungswandel erfahren. So wurde z.B.
früher in Oesterreich und Bayern der Karneval in
der Zeit zwischen dem Drei-Königsfest und dem
Aschermittwoch gefeiert. Jetzt beschränkt man sich
dort, auch in Köln und andern Orten auf 3 bis 8
Tage vor Aschermittwoch. Während dieser Zeit belustigt
man sich mit großen Umzügen und Maskeraden zu
Ehren des Prinzen Karneval. Am Aschermittwoch begräbt
man z.B. in ländlichen Bezirken in Bayern den
nunmehr gestorbenen Karneval feierlichst, denn an
diesem Tage beginnt die 40tägige Fastenzeit.
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Wenn in den vorgenannten Gegenden der Fasching
oder Fastnacht mit besonderem Mummenschanz und
großem Aufwand begangen wird, so ist die "Fastnacht"
in der Lausitz doch nur ein sehr schwacher Abglanz.
Man beschränkt sich auch nicht auf die Tage vor
Aschermittwoch, sondern, wenn Lichtmeß vorbei ist,
beginnt man auf den Dörfern Fastnacht zu feiern.
Die Dauer dieser Feier ist in der Lausitz sehr
verschieden. Meist beschränkt man sich auf zwei
Tage, wobei allerdings bemerkt werden muß, daß die
Jugend und die verheirateten Männer gesondert
"Fastnacht" feiern, d.h. es gibt "Jugend- und
Männerfastnachten".
Aufnahme <= 19?? Sammlung Familie Wernicke
Wir machen einmal solche Jugendfastnachten mit:
Es ist Montag nachmittag. Plötzlich hört man im
Dorfe einen kräftigen Spektakel. Und richtig, da
kommen aus dem Gasthaus die merkwürdigsten Gestalten
gesprungen. Die Dorfjugend gebärdet sich wie toll
vor Freude, denn auch die noch die Schule besuchenden
kommen dabei auf ihre Rechnung.
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Da ist zunächst die
unvermeidliche Ziehharmonika, die den Dorfbewohnern
schon vornehmlich anzeigt, daß das "Zempern" beginnt.
Da kommt der ungeheuer ulkige Clown, der mit dem
Bärenführer allerlei Späße treibt und sich mitunter
auch der Schuljugend erbarmt und sie durch drohende
Gebärden zur tobenden Flucht veranlaßt. Auch der
Schornsteinfeger fehlt nicht. Ein "sehr elegant
gekleidetes Pärchen" erregt stürmische Heiterkeit.
Ja dieser Aufzug ist nicht umsonst: Den Zug begleiten
unmaskierte Burschen, die jedem, den sie besuchen,
ein Gläschen Schnaps anbieten. Natürlich trinkt das
ganze Dorf aus einem Schnapsglas.
Aber nicht umsonst ist man so freigebig. Die Burschen
erhalten, meist unaufgefordert, Eier, Speck, Butter,
auch Geld. So geht das Treiben von Haus zu Haus und
wieder zum Gasthaus zurück. Abends wird von den Mädchen
das "gezemperte" zu Eierkuchen und andren leckeren
Speisen verarbeitet. Tanz beschließt den Tag. Die
Männerfastnachten verlaufen in ähnlicher Weise.
Photograph H.Enghusen, Senftenberg N/L, Gartenstraße 10 Aufnahme = 1927 Sammlung Matthias Gleisner (Schenkung R.Pflüger)
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In anderen Gegenden der Lausitz, z.B. der
Niederlausitz, geht der Fastnachtsbetrieb eine
ganze Woche. Montag "zempert" die Jugend. Abends
gibt es Reis und Rindfleisch. Dazu wird jedes
Jahr ein Fastnachtshaus bestimmt, in dem das Essen
stattfindet. Dienstag gibt es Braten. Jedes Mädchen
hat zwei Pfund Fleisch und eine bestimmte Buttermenge
zu liefern.
Photograph H.Enghusen, Senftenberg N/L, Gartenstraße 10 Aufnahme = 1928 Sammlung Norbert Jurk
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Abends ist Tanz. Mittwoch ist Ruhe. Donnerstag
feiern die Männer Fastnachten. Freitag ist wieder
Tanz der Jugend. Beschlossen wird die Fastnachtswoche
durch den Tanz am Sonntag. Man sieht also, daß auch
der Lausitzer versteht, Feste zu feiern. Es gehört doch
schließlich allerhand dazu, eine Woche lang zu
feiern. Es gibt auch Burschen, die es eine ganze
Woche aushalten, im Fastnachtshause sich verpflegen
zu lassen.
Ja, Fastnachten ist doch das "anstrengendste" Fest im
Jahre. Aber man feiert es auch ausgiebig. Nicht etwa
aus dem Grunde, daß man hinterher gar nicht mehr feiern
will: Gott bewahre! Die Fastnachtsfeier ist wohl von
den Katholiken übernommen, aber nicht die Fastenzeit.
Kein Aschermittwoch bietet ihm Halt. Wenn Fastnacht
vorbei ist, nun, dann feiert man eben etwas andres.
Und da ist man ja nie verlegen.
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Senftenberger Anzeiger (1928)
Aufnahme = 1928 Sammlung Matthias Gleisner (Schenkung R.Pflüger)
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Ich lasse obigen Text einmal unkommentiert so stehen. Jeder kann selbst für sich überlegen, was von dem darin beschriebenen gut 90 Jahre
später noch übrig ist. Mir geht es vielmehr darum, die 4 Fotos, die ich zur Untermalung des kleinen Aufsatzes verwende, so gut es geht zu beleuchten.
Es dürfte klar erkenntlich sein, daß die ausgewählten Motive thematisch sehr schön passen.
Die örtliche oder zeitliche Bestimmung indes ist leider nicht ganz so klar. Das erste Foto lässt sich zwar zeitlich nur vage einordnen (ich vermute
Ende der 1920er), dafür ist die Ortsbestimmung kein Problem. Steht ja alles da... Gasthaus zur Hoffnung und August Nusa.
Alles klar. Sedlitz!
Bei Bild Nr. 2 muß ich hingegen dem handschriflichen Vermerk auf der Rückseite vertrauen. Zum Andenken an die Fastnacht 1927 Hörlitz Dorf kann man
auf dem Stück lesen. Da das 1927 auch durch den bildseitigen Vermerk Jugend Fastnachten 1927, den ich jedoch digital entfernt habe, gestützt wird,
bin ich guter Hoffnung, daß auch das Hörlitz Dorf stimmt. Zumindest aufgrund des Fotografen-Stempels kann man davon ausgehen, daß die Aufnahme wohl doch
irgendwo hier in der Gegend entstand.
Den selben Fotografen-Stempel finden wir auch auf der Rückseite des dritten Fotos. Die Zeitbestimmung fällt sehr leicht, ist sie doch Bestandteil des Motivs.
Allein wo die Aufnahme gemacht wurde, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich kenne eigentlich nur eine Kneipe in der hiesigen Umgebung, die einen solchen
Aufgang hatte. Aber Repa in Buchwalde ist es nicht. Vielleicht hat ja einer der Leser eine Idee. Es kann natürlich auch sein, daß wir gar nicht den Haupteingang
einer Wirtschaft sondern deren rückwärtige Ansicht sehen. Letztlich ist es wieder der Fotografen-Stempel, der einen Senftenberg-Bezug nahe legt.
Das vierte und letzte Motiv für heute ist dagegen etwas einfacher. Der rückseitige Vermerk Hörlitz-Flur bei einer Fastnacht. Gaststätte Zahn 1928.
weist in die richtige Richtung. Abgesehen davon, daß 1928 das Lokal schon lange nicht mehr von Oskar Zahn, sondern von einem gewissen Erich Weber betrieben
wurde, kennen wir eine Saalansicht besagter Wirtschaft aus späteren Jahren, als das Ganze schon unter "Forsthaus Hörlitz" lief. Und darauf erkennt man dieselbe
Wandbemalung rechts der Bühne, wie wir sie auf unserem heutigen Foto sehen. Es ist denkbar, daß die Aufnahme an jenem 5. Februar 1928 entstand, der in dem
darüber abgebildeten Zeitungsinserat genannt wird.
Fazit: Derartige Aufnahmen sind in der Regel so ein Fall für sich und zumeist mit einer gehörigen Portion Vorsicht zu geniessen. Angaben, die entweder handschriftlich
oder gar nur mündlich dazu gemacht werden, sind generell zu hinterfragen...
Ein Beispiel hierfür findet sich in unserem Heimatkalender "Kippensand". In dessen erster Ausgabe (2013) wurde den Lesern nachfolgendes Gruppenfoto als Junggesellenabschied
1920 im Hof der Hubertusklause "verkauft". Ich wies im Januar 2016 hier darauf hin, daß es sich dabei örtlich, wahrscheinlich auch
zeitlich, aber besonders auch vom Anlaß her, um eine falsche Zuordnung handelt. Erstaunt musste ich zur Kenntnis nehmen, daß dieselbe Aufnahme in der neuesten Ausgabe
des "Kippensand" wiederverwendet wurde. Mit einer ähnlichen, aber immer noch komplett falschen Bildunterschrift...
Man fragt sich, wofür ich das alles hier eigentlich mache... 
Eigentlich gehört auch nicht viel dazu, zu erkennen, daß es sich bei besagter Personengruppe um eine Zampergesellschaft handelt (Junggesellenabschied mit Kleinkindern???,
"Insignien" der Zamperer wie Eierkorb und zweizinkige Heugabel für Wurst und Speck), die sich außerdem im Hof des Passage-Kinos und nicht im Hinterhof der Hubertusklause
ablichten ließ.
Naja, was soll's?
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